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Den Anfang machen die Dänen ARTILLERY, welche mit 19:30 schon ordentlich früh auf die Bühnenbretter müssen. Während dem Opener `The Challenge` latschen immer noch diverse Neuzugänge in die Halle. Sound und Lightshow haben Co-Headliner Qualitäten und die technisch sehr versierten Musiker lassen handwerklich mal gar nichts anbrennen. Nicht nur bei dem Übersong `By Inheritance` ist Spielfreude, Energie und ordentlich Bewegung angesagt. Wobei das 62-jährige Urmitglied und Lead-Gitarrist Michael Stützer hier tendenziell eher den Ruhepol, welcher auch gerne mal in sich versunken zum niederknien soliert, verkörpert. Sein Gegenpol ist der andere 43-jährige Michael am Gesangsmikro. Der gute ist eine echte Rampensau, hält ständig Blickkontakt mit den ersten Reihen, bangt und post was das Zeug hält. `The Face Of Fear` bringt den Mob auf Betriebstemperatur, ehe der Klassiker `Khomaniac` das Publikum das erste Mal heute Abend so richtig aus sich heraus gehen lässt. Nun sind die Banger wach! `Turn Up The Rage` vom „X“ Album bringt es auf den Punkt und wird wie auch an anderer Stelle mit originellen Bassläufen des Herrn Thorslund am Tieftöner verziert. Eine echte Stimmungsgranate ist anschließend der Hit `Terror Squad`, dessen Chorus schön laut von den ersten Reihen mitgegröhlt wird. `Deeds Of Darkness` von der „Fear Of Tomorrow“ Platte mach den Deckel auf eine denkwürdige, voll und ganz überzeugende Gourmet-Thrash Show. Bleibt noch anzumerken, dass andere Bands für ein bis zwei Riffs der Kaliber, welche ARTILLERY in fast jedem Song abfeuern, töten würden. Verblüffend das diese Combo nicht etwas mehr Beachtung erfährt.

Als nächstes dürfen die Amis WHIPLASH ran. Leider ist mittlerweile nur noch ein Tony im Line-up der Truppe. Allerdings ist Mr. Portaro bekanntlich mit einer Menge Charisma gesegnet und spielt dies als Frontmann, Sänger und Gitarrist auch so richtig aus. Ein echter Blickfang eben, der seine Musik mit jeder Pore des Körpers lebt und authentisch verkörpert. Das Eröffnungs-Duo, nämlich `Last Man Alive` sowie der Motörhead-lastige, arschcoole `Killing On Monroe Street` von dem vergessenen Hammer-Album „Thrashback“, können sich wahrlich hören lassen. Nach `The Burning Of Atlanta` repräsentiert das Titelstück `Insult To Injury` als einziger Vertreter diese Scheibe. Tony hat sich mit Bassist Will Winton einen jungen wilden ins Tour-Lineup geholt, der prächtig mit dem Bandkopf harmoniert, Bangt wie ein Berserker und es sichtlich total liebt auf der Bühne zu stehen. Sein Trommler-Kollege Charly Z hat ebenfalls mächtig Spaß in den Backen und fällt immer wieder positiv mit herrlichen Grimassen auf. Als neuster Track kommt das 2013 als Single veröffentlichte `Sword Meet Skull, Skull Meet Sword` zum Einsatz. Sehr begrüßenswert, dass das coole `Walk The Plank` wieder im Set ist. Danach geht man mit dem Midtempo-Song `This` etwas vom Gas, um das furiose Finale der Show einzuläuten. Drei Stücke vom rotzig-brutalen Debut „Power And Pain“ in Reihe. Saugeil! Es ist nun Zeit für `Stagedive`, `Spit On Your Grave` zu Brüllen und zu `Power Thrashing Death` völlig am Rad zu drehen. Obertraubling frisst WHIPLASH aus der Hand. Ein Triumphzug!

Viele Bands wären nervös, nach den Top-Gigs von ARTILLERY und WHIPLASH auf die Bühne zu müssen. Die Briten von XENTRIX machen dies aber souverän und selbstbewusst. Man verlässt sich auf seine starken Songs und den als Aushilfe zurückgekehrten Original Sänger/Gitarristen Chris Astley. So sehr wir alle die „neuen“ XENTRIX und deren letzten zwei Lonplayer schätzen: Heute macht England aus der Not eine Tugend. Die Setlist wurde zugunsten Chris komplett umgestellt und enthält ausschließlich Klassiker der ersten beiden Alben „Shattered Existence“ und „For Whose Advantage?“. Eine ganz tolle Nostalgie-Veranstaltung für die Diehard-Altfans in den ersten Reihen, zu denen sich auch der Rezensent zählt. Den Anfang machen `Black Embrace` und `Balance Of Power`. Da das Quartett eine wirklich walzende Gitarrenwand fährt, bleiben da auch während `Questions` keine Fragen offen. Wenn es überhaupt ein klein wenig was zu meckern gibt, dann eigentlich nur, das Chris Vocals gegenüber den Instrumenten im Mix etwas zu leise sind. `Reasons For Destruction` gibt es dank der fiesen Stakkato-Riffs und rassiermesserscharfen Soli von Lead-Klampfer Kristian trotzdem mehr als genug. Ebenso hervorzutun weiß sich der Jungspund Chris Shires am Bass. Dass er Cliff Burton liebt, sein Spiel etwas an ihn erinnert und er stellenweise sehr energetisch abgeht, ist eine Ohren- und Augenweide. `The Human Condition` und `Kept In The Dark` kommt heut besonders gut an und steigert das Aggressions-Level im Moshpit. Das nimmt nicht nur das Schweizer Uhrwerk Dennis Gasser hinter der Schießbude deutlich wohlwollend zur Kenntnis. Danach wird es schön Oldschoolig. Das Riffmonster `Dark Enemy` vom Debüt verfehlt seine Wirkung nicht. `For Whose Advantage? ` wäre es, wenn der vom Stage-Acting her an James Hetfield erinnernde Chris doch permanent im Line-up bliebe? Das ist die Frage! Da gehen die Meinungen im Publikum heute deutlich auseinander. Mr. Astley hat jedenfalls mächtig Bock und geht mit viel Leidenschaft voll aus sich heraus. Und wie zuvor WHIPLASH, legen nun auch XENTRIX zum Ende des Gigs noch mal ein paar Brickets nach und spielen sich in einen regelrechten Rausch. `Crimes` und `No Compromise` hintereinander zerstört alles und jeden. So schicken die Briten das Thrasherherz mit einem zufriedenen Grinsen an den Bierstand. Schließlich heißt es jetzt noch mal Kräfte sammeln für den Showdown!

Denn nun ist „good friendly violent fun“ in Reinkultur angesagt. Abgesehen von Exodus gibt es keine Band, welche die brutale, aggressive Ecke des Bay Area Thrash besser abdeckt als VIO-LENCE. Sehr bedauerlich war kurz vor Tourstart die Info, dass Bobby Gustafson (Ex-Overkill/Cycle Sluts From Hell) nicht mehr Teil des Line-ups sein würde. Dies hätten viele natürlich gerne gesehen. Ganz davon zu schweigen Bobbys Songwriting Qualitäten in diesem Kontext zu erleben. Aber Schwamm drüber! Als Vertretung ist auf dieser Tour Ira Black an Bord. Spielerisch ist der gute Astrein und wirkt auch sympathisch. Aber man merkt deutlich, dass er eigentlich eher im Rock und melodischen Metal zuhause ist. Dies gilt für seine fast schon zu „liebe“ Bühnenpräsenz, als auch für sein Solospiel. Das wars dann aber auch schon mit den Abzügen in er B-Note. VIO-LENCE kommen, sehen uns siegen. Der Moshpit öffnet sich gleich vom Einstiegs-Trio `Eternal Nightmare`, dem fiesen `Serial Killer` sowie `Calling The Coroner` mächtigst. Der Sound ist ultra-brutal, die Band spielt arschtight auf und ist so gut gemischt, das auch Feinheiten und kleine Akzente im Spiel wunderbar herauszuhören sind. Absolut geil, Saitenhexer Phil Demmel bei der Arbeit zuzuhören und zuzusehen. Der gute ist einfach ein Shredmaster und echter Meister seines Fachs. So auch Sänger Sean Killian, um den man sich vor ein paar Jahren wegen Leber-Transplantation ernsthafte Sorgen machen musste. Der Frontmann hat etwas an Gewicht verloren und wirkt ein kleines bisschen weniger aggressiv und fies als früher. Aber er hat immer noch dieses Feuer, die Wut und Extraportion „durchgeknallt“ in den Augen. Mit viel Charisma dirigiert er nicht nur während dem unsterblichen Klassiker `Officer Nice` das Publikum und wird nicht müde, die Meute anzustacheln, mitzureißen und fiese Grimassen zu schneiden. Seine mit einem sehr extravaganten Mix bestückte Jeansweste hat auch was. Schließlich findet man Vio-lence und Siouxsie and the Banshees nicht auf jeder Kutte vereint. Sehr gut fügt sich auch Christian Olde Wolbers (Ex-Fear Factory) ins Line-up ein. Der Belgier wird es Bangens und Gangshout-beisteuerns nicht müde und hat sichtlich Spaß an seinem Job. `I Profit` und `Kill On Command` heizen das mittlerweile positiv-aggressive Publikum weiter auf, ehe mit `Flesh From Bone` der erste Track von der diesjährigen, bockstarken EP „Let The World Burn“ zum Zuge kommt. Die erste Überraschung in der Setlist ist anschließend `Mentally Afflicted`, das einige Fans nicht auf dem Zettel hatten. Sehr wohl aber `T.D.S (Take It As You Will)` vom Debüt. Wäre der Sound von VIO-LENCE eigentlich ohne Drummer Perry Stickland denkbar? Der Verfasser dieser Zeilen behauptet nein. Egal ob in der Disziplin Midtempo-Groove (`Upon Their Cross`) oder völliger fieser Raserei (`Phobophobia`): Sein Spiel ist und bleibt sehr eigenständig und charakteristisch für die Bay Area Thrash Großmeister. Diese können keinen Gig beenden, ohne DEN Garanten für einen Circle-Pit gespielt zu haben. Und so verfehlt der Übersong `World In A World` auch wieder heute seine Wirkung nicht. Eine absolute Machtdemonstration von VIO-LENCE, da können wie auch bei Exodus die Big4 absolut einpacken.

Text: Markus Wiesmüller

Fotos: Danny „Trabi“ Jakesch

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