Zum Zeitpunkt des Interviews waren die Norweger sehr mit dem Feinschliff am neuen MANES-Album beschäftigt: „Die Musik ist fast fertiggestellt und derzeit experimentieren wir noch etwas mit dem Material herum“ erzählt Skei. „So probieren wir beispielsweise unterschiedliche Versionen und Strukturen aus. Im Moment arbeiten wir an elf Songs, aber wir haben noch nicht beschlossen, wie viele davon letztendlich auf die Scheibe gelangen werden.“ „Wir haben alles im Kasten und bewegen uns derzeit superschnell in die falsche Richtung“ frohlockt Torstein. „Wir haben ein neues Album aufgenommen und befinden uns momentan in einer Phase, die ich mit den Worten „Post-Produktion“ umschreiben würde. Wenn alles wie geplant verläuft werden Debemur Morti die Platte 2017 herausbringen. Die neue Scheibe ist düsterer. Sie ist mehr [bitte fügen Sie hier Ihr Lieblingsgenre ein] mit einem Hauch von [bitte fügen Sie hier eine schuldige Band/einen Künstler ein, der oder die Ihnen Vergnügen bereitet].“ Konzerte sind in nächster Zeit indes allerdings keine geplant: „Wir haben uns mal über eine Art „Release-Party“ unterhalten, wenn unser nächstes Album herauskommt“ lässt uns Skei wissen. „Sollte es dazu kommen, würden wir gerne etwas wirklich sehr Spezielles machen, das vielleicht mit einer normalen Show / einem regulären Gig überhaupt nichts mehr gemein hat. Etwas, von dem die Leute danach sagen: „Was zum Teufel haben wir gerade eben erlebt?!?“ Aber wir werden sehen…traditionelle Rock-Konzerte sind unnötige Verschwendung von Zeit und Energie. Wir haben auch schon etwas über eine Art „Live im Studio“-Videoaufnahmen geplaudert, aber man wird sehen…konkrete Pläne existieren diesbezüglich jedoch noch gar keine!“
Die Dunkelheit blieb
Setzen wir erneut da an worum es im Heft im Rahmen des „Norse Black Metal“ – Specials in der Heftausgabe ging und drehen wir das Rad der Zeit zurück in die 90er, als MANES Ende dieses Jahrzehnts nach sieben Jahren Bandgeschichte endlich ihr Debütalbum „Under Ein Blodraud Maane“ veröffentlichten. „Es dauerte nicht wirklich sieben Jahre, bis wir unser erstes Album herausbringen konnten“ korrigiert Skei, „schließlich hatten wir einige Angebote von Plattenfirmen vorliegen, aus denen wir auswählen konnten. Das ist insgesamt gesehen übrigens eine sehr lange und schmerzhafte Geschichte, denn zwischen den Demos und unserem Debüt passierten viele Dinge, die den Fokus von der Musik an sich ablenkten. Beispielsweise starb ich mehrere Male fast, ich verbrachte aufgrund ernsthafter Krankheiten und bedenklicher Gesundheitszustände viele Jahre in Krankenhäusern, was dazu führte, dass mir mehrere innere Organe entnommen werden mussten – dies zerstörte komplett all meine Hoffnungen auf ein „normales“ Leben… Darüber hinaus wurde nach der Demo-Phase mein Sohn geboren, weswegen ich nach Oslo zog und mir Arbeit als Spieleprogrammierer suchte, um etwas Geld zu verdienen. Dies hielt (natürlich) nicht für immer. Als ich dann wieder zurück nach Trondheim kam, begannen wir damit, an unserem ersten Album zu arbeiten. Das war auch der Grund dafür, wieso es auf der Scheibe keine neue Musik zu hören gibt, sondern stattdessen neu aufgenommene Versionen des Demo-Materials.“ Der Rückgriff auf die norwegische Sprache verlieh der Musik von MANES auf „Under Ein Blodraud Maane“ einen äußerst speziellen Charakter: Bei nachfolgenden Platten wurde auf dieses Merkmal indes verzichtet, dafür klang die Musik jedes Mal komplett anders. „Wir setzten unsere Muttersprache bewusst nicht ein, weil sie unserem „moderneren“ Sound / Stil nicht dieselbe Art Gefühl verpasst hätte“ erklärt Skei. Wir verfügen immer noch über Texte, die für andere Menschen ziemlich schlecht nachvollziehbar sind. Wir machen`s euch also nicht leicht…darüber hinaus ist Veränderung eine gute Sache!“ „Nach „Under Ein Blodraud Maane“ entwickelten sich MANES zu einer Band mit einem anderen Sänger / anderen Sängern in ihren Reihen, mit einem anderen Anspruch in Bezug auf Komposition sowie einem mehr oder weniger anderen Fokus“ fügt Torstein hinzu. „Darüber hinaus gab`s auch andere Texte. Die Dunkelheit blieb, aber auf eine andere Art und Weise.“
Ins Extreme gesteigert
Schwer zu beantworten ist indes die Frage, inwieweit Black Metal für MANES einst lediglich eine Musikrichtung darstellte oder ob die Norweger nicht auch hinter die Kulissen blickten und in der entsprechenden Genre-Ideologie verwurzelt waren? „Uns ging`s in erster Linie um die Musik“ stellt Skei fest, „aber wie ich bereits sagte ist auch die Atmosphäre äußerst wichtig. Wir griffen nicht direkt auf satanische Texte zurück, sondern vielmehr auf eine Mischung aus Ideen und Zitaten aus u.a. Rollenspielen und Literatur, aus Nationalromantik (von der düsteren Seite beleuchtet) sowie okkulten Philosophien (oder unserem schwachen Verständnis dafür). Dann wurde das Ganze ins Extreme gesteigert, was, wie ich meine, für Metal wohl typisch ist, oder? Wir streiften Satanismus auf dieselbe Art und Weise wie wir uns auch all unsere anderen Inspirationen und Ideen annäherten.“ Negative bis gar hasserfüllte Reaktionen seitens eingeschworener Black Metal – Traditionalisten haben MANES trotz ihrer vielen radikalen Stilwechsel bis dato allerdings nur wenige geerntet. „Natürlich war uns klar, dass einige Leute die dem Debüt folgende Entwicklung nicht mögen würden, aber scheiß drauf - wir machen schließlich keine Musik für andere Leute! Ich war wirklich überrascht, als einige ‚Alt-Black Metaller‘ zu mir kamen und mir mitteilten, dass sie unser neues Album (Skei meint wohl das Zweitwerk „Vilosophe“ - Anm.d.Verf.) lieben würden! Und wir erhielten definitiv positive Reaktionen, als wir damals nach Veröffentlichung der Scheibe bei all den großen norwegischen Metal-Festivals auftraten.“ „Wahrscheinlich“ kommentiert Torstein. „Es war schon lustig gewesen, einige Reviews hier und dort zu lesen, beispielsweise erhielten wir von einem schwedischen Rezensenten eine Bewertung von „Minus Unendlich“ für die Platte, aber wen kümmert das letzten Endes überhaupt?!?“
Natürlich darf angesichts der Herkunft von MANES auch eine Bewegung nicht verschwiegen werden, die im Laufe der letzten Zeit vermehrt auf sich aufmerksam machen konnte: Gemeint ist die vielzitierte „Nidrosian Black Metal“-Szene, unter die man Gruppen wie beispielsweise Celestial Bloodshed, Mare oder One Tail, One Head subsumiert. Allein aufgrund der Tatsache, dass Skei & Co. ebenfalls aus Trondheim stammen, kümmern sie sich um diese Bewegung nicht wirklich, wie dieser bekräftigt: „Darüber denke ich eigentlich nicht viel nach…Menschen haben die Tendenz, sich in Cliquen und Szenen zusammenzuschließen, ähnlich denkende Leute ziehen sich gegenseitig an. Wir haben durchaus Kontakt zu einigen Menschen und Bands in diesem Milieu, allerdings nicht weil sie „Nidrosian“ sind, sondern weil es sich schlichtweg um nette Leute handelt oder weil sie großartige Musik machen. Kürzlich erst habe ich mir etwas Whoredom Rife und Slaugmaur angehört, aber ich habe keine Ahnung, ob man diese Gruppen zur „Nidrosian“-Szene zählen kann oder nicht?“ Auch Torstein gibt den Tipp, sich mal die erwähnten Whoredom Rife anzuhören: „In der ganzen Sache tauchen so einige qualitativ hochwertige Formationen auf und wir kennen eine Handvoll an Leuten, die dort involviert sind, zumindest ist das bei mir der Fall. Aber ich höre mir keine „Bewegungen“ an, weswegen sich dieses Phänomen für mich ziemlich nett in die große Tasche, auf der schlicht und einfach „Musik“ vorne drauf steht, einsortieren lässt: Und es gibt gute wie schlechte Musik!“ Abschließend muss sich natürlich auch Skei die Frage nach seinen fünf Lieblingsalben gefallen lassen: „Oh, das ist schwer“ stöhnt dieser, „denn das ändert sich nahezu täglich und hängt sehr von meiner Stimmung und anderen Faktoren ab. Manchmal bevorzuge ich eher abstraktes Zeug, dann wiederum muss es düster und rau klingen oder gar trancig. Ich führe mal einige Gruppen auf, deren Musik ich mir im Laufe der Jahre oft angehört habe: Tangerine Dream, Darkthrone (die „Necrohell“-Phase), Autechre, Triptykon, Shpongle, Burzum, Mayhem (mit Dead), blablabla… hab Dank für das Interview!
Text: Christian Wachter
Foto: www.facebook.com/manes.no