2013 wurde das selbstbetitelte Debüt von THEOCRACY wiederveröffentlicht – erstmals auch auf Doppel-Vinyl. Der Drumcomputer wurde durch echtes Drumming ersetzt. Eine Doppel-CD mit dem Originalalbum und einer komplett überarbeiteten, neu eingespielten Fassung wie Edguy es mit „The Savage Poetry“ vorgemacht haben, wäre reizvoll gewesen. „Wir haben darüber gesprochen, und ein oder zwei Songs daraus in brandneuen Fassungen wären cool, aber wir haben uns noch nicht entschieden. Für viele hat es so wie es ist eine ganz besondere Bedeutung, und es ist ihr Lieblingsalbum von THEOCRACY. Also wollte ich nah am Original bleiben und nur den Klang verbessern, aber nicht zu drastisch. Ich mag es auch nicht, wenn andere Bands zu sehr an klassischen Aufnahmen herumpfriemeln. Selbst wenn Musiker denken, sie verbessern etwas, ist es oft für die Fans nicht der Fall. Ich denke, dass wir jedes unserer Alben heute viel besser umsetzen könnten – im Sound und der Performance. Aber ich denke im Traum nicht daran, es zu tun, weil meine Stimme ganz anders klingt, meine Emotionen andere sind und mein Denken ein ganz anderes ist. Alben sind Schnappschüsse ihrer Zeit und es ist wichtig, das zu bewahren.“
Die Gerüchte, Matt sei eigentlich Drummer bei Day Of Reckoning und Defining Human gewesen, erweisen sich als Internet-Enten. „Hahaha, davon habe ich noch nie gehört. Ich nutzte eine Drum-Maschine, weil ich keine Schlagzeuger kannte, die so etwas spielen wollten – eigentlich überhaupt keine Metal-Musiker. Ich wollte eigentlich nur anständige Demos von meinen Songs aufnehmen. Jemand von Metal Ages Records hörte das Material und wollte es als Album veröffentlichen.“
Eine Raritäten-Kompilation vor allem auch mit den ganzen Weihnachtssongs ist im Gespräch, aber noch nicht konkret geplant. „Die Leute fragen permanent danach, obwohl wie diese Christmas-Songs verschenkt haben. Alle auf einer CD, remixt und neu gemastert wäre gut. Weihnachten ist nie mehr so magisch, wie für ein Kind – als Erwachsener ist man zynisch. Traurigerweise betrifft mich das, wenn es um größere Menschenansammlungen geht, dann bekomme ich schlechte Laune. Aber es macht Spaß, den Fans jedes Jahr etwas Spezielles zu schenken. 2003 macht eich ein großes Medley und wollte es dabei bewenden lassen, aber man erwartete es jedes Jahr und das trieb mich an. Hätte ich das gewusst, dann hätte ich nicht alle guten Songs zu dem Thema im ersten Medley verwurstet. Daher musste ich neue schreiben.“
Das Gitarrenspiel abseits des Komponierens vermisst Matt gar nicht so extrem. „Ich wollte mich auf meinen Gesang konzentrieren und eine echter Frontmann sein, herumrennen können. Cool wäre es auch, nur noch Gitarre zu spielen, viel weniger stressig – aber nicht mehr beides auf einmal. Im Studio spiele ich die meisten Rhythmusgitarren ein, aber live überlasse ich das gerne den Jungs.“
In dem Opener lässt sich Jonathan Hinds zur einzigen Soloschlacht mit Leadgitarrist Val Allen Wood hinreißen. Matt lacht. „Dabei ist Jon der Rundum-Musiker von uns allen. Nicht nur ein toller Gitarrist, sondern auch ein großartiger Keyboarder und unersetzbar, wenn es um Arrangements geht. Jon hat so ein gutes Gehör und Gespür für Musik. Dabei hat er immer noch die Fanperspektive und weiß, wenn eine Idee zu lang ausgewalzt wird oder ein Übergang nicht funktioniert. Soli sind Vals Spezialität, aber wenn Jon diesbezüglich einmal loslegt, sind es immer sehr eingängige Momente. Ich liebe einfach die verschiedenen Ansätze in ihrem Spiel und Ton.“
Der Vergleich von ‚Stir The Embers‘ mit dem Punch von Testament und Skid Row zu „Slave To The Grind“ Zeiten euphorisiert Matt regelrecht. „Das ist eins der unterbewertetsten Metal-Alben aller Zeiten, einer meiner größten Einflüsse. Auf „Mirror Of Souls“ hatte wir den Song ‚Laying The Demons To Rest‘, der im Drop D-Tuning ist und die Grenzen der Heaviness bei uns verschoben hat. Die Jungs beschweren sich immer, dass wir keinen anderen Song mit der Stimmung im Live-Repertoire haben, also wollte ich einen schreiben, er aber ganz anders klingt. Ich liebe die Riffs, wie kurz und energetisch das Stück ist. Das Tempo, der Drive, das ganze Gefühl ist anders als bei allen anderen Songs von uns.“
Mit seiner kraftvollen, eleganten und sicheren Stimmführung könnte Matt andere Sänger coachen. „Wow, ich fühle mich immer noch nicht als Sänger. Ich bin Songwriter, der denkt: irgendjemand muss das Zeug singen, ich versuch es mal… Ich wünschte mit, mich so gehen lassen zu können und das Singen so zu genießen, wie manche andere Leute. Ich bin dankbar für meine Fähigkeiten, finde es aber sehr anstrengend und stressig. Auf Tour der Sänger zu sein, ist gruselig. Man fühlt sich wochenlang so, als ob jedermanns Lebensqualität davon abhängt, dass man nicht krank wird. Man fürchtet sich immer davor, die Band oder die Fans zu enttäuschen. Bei diesem Album habe ich mich stimmlich mehr gefordert denn je; ich habe Wochen und Monate damit verbracht, dass die Betonung jedes Worts perfekt klingt und bin recht zufrieden.“
‘Currency In A Bankrupt World’ ist als Titel auf viele globale Probleme anwendbar, dabei ist es eine sehr persönliche individuelle Geschichte. „Ich wollte einen Anti-Selbstmordsong schreiben und nutzte dazu diese Charaktere. Es sind zwei getrennte Storys: Eine über die Frau, die von ihrem Mann verlassen wird, nachdem er sie geschwängert hat. Die andere über einen Mann, der mit einer sehr großen Schuld leben muss. Interessanterweise habe ich nie darüber nachgedacht, dass beide Geschichten zusammengehören könnten. Es sollte um Menschen in scheinbar ausweglosen Situationen gehen, am Ende repräsentiert der Freund Gott. Für das Demo habe ich den Text recht schnell runter geschrieben, aber dann befürchtete ich, dass er zu cheesy sei und ich ihn ändern müsste. Aber die anderen mochten ihn, und so blieb es bei dem Originaltext.“
Auf einem Booklet-Foto trägt Matt ein “Refuge Church“-Shirt. „Das ist die Kirche eines Freundes, denn ich bereits früher im Zusammenhang mit dem Song ‚A Call To Arms‘ erwähnt habe. Es ist eine neue Kirche in Virginia. Er ist ein toller Mensch, der den wirklich vom Schicksal Gebeutelten in der Region helfen will. Er hat mich schon in der Vergangenheit zu Songtexten inspiriert, so zu ‚The Master Storyteller‘ und ‚Mirror Of Souls‘.“
Das furiose ‚Castaway‘ scheint textlich dem Titelsong eng verbunden und auch eine Vereinigung der Außenseiter einer Gesellschaft zu thematisieren. Aber was ist mit Außenseitern, die dem Christentum feindlich gegenüberstehen, wie beispielsweise ein Glen Benton von Deicide? „Es geht darum, das Richtige zu tun, auch wenn es gerade unpopulär ist. Jemand bleibt seinen Überzeugungen treu, obwohl er von seinen sogenannten Freunden dafür im Stich gelassen wurde. Wir haben mit so vielen verschiedenen Bands gespielt, ich kam nie auf die Idee, jemanden mit einem anderen Glauben als Feind anzusehen oder habe versucht, zu predigen. Die meiste Zeit bin ich ohnehin eins eher stiller Typ. Ich versuche nur, untadelig zu leben und einen positiven Einfluss auszuüben.“
Der Mittelteil klänge mit einem echten Orchester statt Keyboards noch besser. „Auch ‘Easter’, ‘I Am’, ‘Mirror Of Souls’, ‘The Gift Of Music’ und ‘Twist Of Fate’ würden so funktionieren. Ich könnte mir auch Unplugged-Versionen von ‘Bethlehem’, ‘Sinner’ und dem Finale von ‘Easter’ vorstellen.“ Letzteres hat übrigens nichts mit dem gleichnamigen Marillion-Stück zu tun, welches vom ersten Post-Fish-Album stammt. Matt ist berechtigt stolz auf sein Epos. „Es wurde in Sektionen komponiert und dann zusammengefügt. Ich mag es, eine Weile mit Demos zu arbeiten, so bekomme ich Distanz zu einem Song und kann ihn objektiver betrachten. Dann höre ich, wenn ein Part zu lang ist oder was nach einem bestimmten Riff gut funktionieren würde. Nichts ärgert mich mehr, als Musik ohne Fluss, bei der einfach Ideen aufeinandergetürmt werden. Es ist etwas wie ein Puzzle zusammenzusetzen, aber ein Song muss natürlich klingen. Das dauert, ist aber die Zeit wert. Selbst wenn eine Geschichte schon ein Million Mal erzählt wurde, reizt es mich, eine andere Perspektive zu finden, die ich von keinem anderen Song kenne. Es gibt viel Musik über die Osterzeit, aber ich dachte an die Position der Gefolgsleute von Jesus direkt nach der Kreuzigung. Es erschien alles so hoffnungslos. Sie vertrauten darauf, ein neues Königreich zu errichten, hatten ihr Leben riskiert und alle gegeben und es schien alles vergeblich. Mich interessierte die Frage ‚Was tun wir nun?‘ aus ihrem Blickwinkel.“