LUCIFER´S FRIEND besitzen bei vielen Hard Rock-Jüngern absoluten Kultstatus. Insbesondere das selbstbetitelte Debütalbum aus dem Jahr 1971 gilt als frühes Zeugnis schwerer, düsterer E-Gitarrenmusik und steht in puncto Heaviness stilistisch ähnlich gearteten Pionieren der Marke Black Sabbath, MC5 oder Captain Beyond in nichts nach. Einzige Kontinuität bei LUCIFER´S FRIEND war neben langzeitbeschäftigten Musikern die Gewissheit, dass man eigentlich auf fast jedem Album eine neue stilistische Herangehensweise beobachten konnte. 1982 wurde die Gruppe fürs Erste zu Grabe getragen.
Abgesehen von einem kurzen Wiederaufleben Mitte der 90er dauerte es bis 2014, dass sich die ehemaligen Bandmitglieder einig waren, die Formation wieder zu beleben. Bevor wir uns der Reunion zuwenden drehen wir das Rad der Zeit jedoch noch fast 50 Jahre zurück, als Sänger John Lawton noch dabei war, von seinem Heimatland England nach Deutschland umzuziehen. Dabei mutet die Entscheidung etwas seltsam an, dem „Mutterland der Rockmusik“ den Rücken zu kehren, um in teutonischen Breitengraden erfolgreich härteren Sounds zu frönen. „Ende 1969 und Anfang 1970 trat ich im „Top Ten Club“ in Hamburg auf“ erinnert sich der genannte Frontmann LUCIFER´S FRIENDs. „Während dieser Zeit traf ich meine spätere Ehefrau und einen Typen namens Gibson Kemp, der für Chappell Music Publishing arbeitete. Gibson meinte, dass er dachte, dass meine musikalische Zukunft in Deutschland und insbesondere in Hamburg liegen würde und hey, letzten Endes hat sich das als richtig erwiesen, haha!“
Vor LUCIFER´S FRIEND war John seit Anfang der 60er im heimischen England in Gruppen wie THE DEANS, WEST ONE oder STONEWALL aktiv. Aufnahmen dieser Formationen aus der damaligen Zeit existieren laut Herrn Lawton jedoch keine mehr: „Nein, leider nicht“ bedauert dieser. „THE DEANS und WEST ONE waren grundsätzlich gesehen eigentlich nur Coverbands und wenngleich STONEWALL bereits eigenes Material geschrieben hatten, schafften wir es nie, etwas aufzunehmen.“ Kaum in Deutschland angekommen traf John dann mit Peter Hesslein (Gitarre), Dieter Horns (Bass), Peter Hecht (Keyboards) und Joachim „Addi“ Rietenbach (Schlagzeug) auf vier Musiker mit ähnlichen stilistischen Visionen, um zunächst die Band ASTERIX zu gründen. Deren selbstbetiteltes Debütalbum wies bereits den Weg in Richtung dessen was LUCIFER´S FRIEND wenig später perfektionieren sollten. „ASTERIX war von vornherein nie als Band gedacht, um die Art von Musik zu veröffentlichen, die die Jungs schrieben. Der Name der Gruppe war dabei lediglich eine Art Pseudonym, welches von meinen Mitmusikern benutzt wurde, um Songs zu veröffentlichen, die etwas kommerzieller daherkamen. Kurz bevor ich mich der Formation angeschlossen hatte, hatten die anderen den Namen LUCIFER´S FRIEND auserkoren. De facto hatte ich also rein gar nichts mit der Wahl des Bandnamens zu tun!“
Zwei komische Typen
1970 erschien das legendäre selbstbetitelte Debütalbum von LUCIFER´S FRIEND, welches erstklassigen, frühen Heavy/Hard Rock enthielt. Doch auch das prägnante Äußere in Form des Covers vermochte die Blicke auf sich zu ziehen. „Hinter dem Artwork steckt eigentlich keine besondere Bedeutung. Wir fanden einfach ein Bild mit zwei Kerlen, die zusammen reichlich komisch aussahen und diese beiden Typen vor dem spezifischen Hintergrund passten ziemlich gut.“ Zurück zur Musik auf dem Debüt von LUCIFER´S FRIEND, die zwar in letzter Konsequenz eigenständig wirkte, dann und wann jedoch Einflüsse von Gruppen wie Deep Purple oder den frühen URIAH HEEP verriet. Doch weit gefehlt: „Um ehrlich zu sein kannte ich von URIAH HEEP damals noch gar nicht allzu viel, haha! Wenn überhaupt dann waren es eher Deep Purple, die die Gesangslinien und natürlich das Zusammenspiel zwischen unserem Gitarristen Peter Hesslein und unserem Keyboarder Peter Hecht inspirierten. Dieser Sound und auch das Songwriting an sich trugen ihren Teil zum Stil der Band bei.“
Auf sein persönliches Lieblingsalbum von LUCIFER´S FRIEND angesprochen, erschallt es wie aus der Pistole: „“Banquet“!!! – Das war schon seit jeher meine absolute Lieblingsscheibe, wenngleich ich eigentlich allen unserer Alben gegenüber wohlwollend eingestellt bin. Denn sie unterschieden sich sehr voneinander und hatten einiges zu bieten!“ Wertige Live-Aufnahmen existieren leider nur sehr wenige von LUCIFER´S FRIEND, wenn man mal von der kultigen „Beatladen“-Session absieht. „Nun, leider waren wir alle so sehr mit anderen musikalischen Projekten beschäftigt, dass wir mit LUCIFER´S FRIEND nicht allzu oft live auftreten konnten. Ich war damals ja noch bei den LES HUMPRIES SINGERS aktiv und drei meiner Bandkollegen spielten noch im James-Last-Orchester. Rückblickend gesagt war das damals ein großer Fehler, denn wir hätten wirklich alles auf eine Karte setzen und trotz aller damit einhergehender Risiken live spielen sollen, um die Karriere der Gruppe so richtig ins Laufen zu bringen!“
Natürlich muss John auch auf das leidige Thema 'Ride The Sky' angesprochen werden: Es gab immer wieder Stimmen, die speziell die Posaunen-Parts mit Led Zeppelins 'Immigrant Song' verglichen. Allerdings verfügt 'Ride The Sky' über einen ganz anderen Gesamtcharakter als das Stück von Plant, Page & Co. Zudem ist das Stück zweifellos ein wahrer Klassiker, Punkt! „Zunächst einmal ist das was man da hört ein französisches Horn und keine Posaune und es wurde von unserem damaligen Keyboarder Peter Hecht gespielt. Seit jeher wurde die Diskussion geführt, wer mit der Idee zuerst da war, ob nun LUCIFER´S FRIEND oder Led Zeppelin. Ich mag den Gedanken, dass wir die ersten waren, die diesen Part schrieben, bevor Plant, Plant & Co. das machten, haha! Letztendlich wird dies jedoch für immer und ewig eines der großen Mysterien der Musikgeschichte sein, haha!“ Die US Doom – Formation Trouble coverte auf ihrem 2007er Album „Simple Mind Condition“ auf ziemlich gelungene Art und Weist das erwähnte 'Ride The Sky'. „Ja, ich kenne diese Neuinterpretation und ja, sie ist gut! Es gibt so einige Coverversionen von Songs von LUCIFER´S FRIEND. Man muss nur im Internet danach suchen und dürfte relativ schnell fündig werden, hehe!“ Symptomatisch für LUCIFER´S FRIEND war seit jeher, dass sich jedes Album anders anhörte. „Dies stand jedoch nie in unserer Absicht! Lediglich der Stil unseres Songwritings prägte unsere Alben auf vollkommen unterschiedliche Art und Weise. Und natürlich spielten diesbezüglich auch unterschiedliche Schichten an Instrumenten wie beispielsweise manchmal Blechblas- oder diverse Saiteninstrumente eine nicht unerhebliche Rolle wenn es darum ging, einer Scheibe ein gewisses Feeling zu verpassen.“
Gospel, Charts und das Bett im Kornfeld
Zwei Jahre nachdem John bei LUCIFER´S FRIEND eingestiegen war wurde er auch Teil der LES HUMPRIES SINGERS. Rein musikalisch gesehen war das schon eine ganz andere Schiene als bei LUCIFER´S FRIEND, gingen die LES HUMPHRIES doch mit ihrer vom amerikanischen Gospel beeinflussten Musik weitaus kommerzieller vor. Songs wie 'Mexico', 'Mama Loo' oder 'Kansas City' feierten vor allen Dingen deutschlandweit in den frühen 70ern große Charterfolge. „Ich glaube, dass mir mein Engagement bei den LES HUMPHRIES SINGERS eine andere Sichtweise Musik betreffend zu vermitteln vermochte. Und natürlich war das fünf Jahre lang ein großer Teil meines Lebens! Bandgründer Les Humphries nahm damals direkt Kontakt mit mir auf. Natürlich war das etwas komplett anderes als LUCIFER´S FRIEND, aber die LES HUMPHRIES SINGERS feierten vor allen Dingen in Europa große Erfolge. Trotzdem waren LUCIFER´S FRIEND immer meine eigentliche Band. Aber wir alle mussten von irgendwas leben, mussten daheim unsere Rechnungen bezahlen und das war eine Möglichkeit, dies bewerkstelligen zu können.“ Ende 1976 lösten sich die LES HUMPHRIES SINGERS auf, allerdings sollte es Anfang der 90er und ab 2007 noch zwei Reunions geben. „Ich schloss mich der Band 1992 erneut an, als die LES HUMPHRIES wieder reaktiviert wurden, aber das war nur für eine kurze Deutschland-Tournee und das war's dann auch schon wieder. In den letzten Jahren hat es immer wieder mal Versuche hinsichtlich eines Comebacks gegeben, jedoch möchte ich auf diesen speziellen Zeitraum nun nicht näher eingehen, denn viele Erinnerungen dieser Ära sind nicht immer die besten…“
Die LES HUMPHRIES SINGERS setzten sich aus Musikern unterschiedlichster ethnischer Herkunft zusammen. Einige Künstler des sich ständig drehenden Band-Karussells vermochten in der Folge auch solo bzw. im Zusammenhang mit anderen Projekten auf sich aufmerksam zu machen: Da wäre beispielsweise Liz Mitchell, die wenig später als Sängerin von Boney M berühmt wurde, Barry St. John war als Backgroundsängerin auf Alben wie „20th Century Boy“ von T. Rex, „The Dark Side Of The Moon“ von Pink Floyd oder „The Golden Age Of Rock'N'Roll von Mott The Hoople zu hören gwesen. Und dann war da auch noch ein gewisser Jürgen Drews, der 1976 mit 'Ein Bett im Kornfeld' im deutschsprachigen Raum einen Megahit landete und der heutzutage als „König von Mallorca“ besagte Baleareninsel unsicher macht. „Ich habe keinerlei Kontakt zu den Leuten von damals mehr“, gesteht John. „Jürgen war immer ein guter Freund sowie ein großartiger Sänger und Musiker gewesen, aber leider wurde er immer als Popsänger eingestuft.“ Nach einer kommerziellen Durststrecke Mitte der 70er erfolgte die Teilnahme der LES HUMPHRIES SINGERS bei der 1976er Ausgabe des „Eurovision Song Contest“ mit dem 'Sing Sang Song', der lediglich auf Platz 15 gewählt wurde. Dieser Misserfolg besiegelte endgültig das Ende der Gruppe. „Das war eine einzige Katastrophe, haha! Ich musste auf Deutsch singen, während heutzutage jeder in der Welt doch auf Englisch singen kann! Hinsichtlich den LES HUMPHRIES und diesem Wettbewerb wurde im Vorfeld ein mordsmäßiger Trubel gemacht, es gab Tourneen usw. Und als das Ganze floppte ging es auch mit der Band steil bergab.“
Der zündende Funke
1976, im gleichen Jahr als die LES HUMPHRIES SINGERS ihr Ende bekannt gaben, schloss sich John einer wahren Legende der Rockmusik an: Die Rede ist natürlich von URIAH HEEP. „Sie kontaktierten mich, weil sie eine Platte von LUCIFER´S FRIEND gehört hatten. Sie luden mich nach London ein, um für die Gruppe vorzusingen. Ich kannte ihr Material nicht wirklich, weswegen ich gleich losrannte und mir eine „Best Of“-Platte besorgte, um wenigstens ein paar Stücke zu lernen, haha! Und der Rest ist Geschichte, ich erhielt den Job!“ John ersetzte damals den aufgrund seiner Alkoholexzesse geschassten Ursänger David Byron. Ein schweres Erbe sozusagen für Herrn Lawton, aber Alben wie „Firefly“, „Innocent Victim“ oder „Fallen Angel“ vermochten Anhänger der Band nach wie vor zu begeistern. „Allerdings trug ich erst ab der „Innocent Victim“-Scheibe zum Songwriting URIAH HEEPs bei. Der erste Longplayer „Firefly“ war bereits fertig geschrieben und die grundlegenden Stücke bereits aufgenommen, weswegen es diesbezüglich für mich nicht mehr allzu viel zu tun gab. Im Vorfeld von „Innocent Victim“ präsentierte ich meinen Bandkollegen damals ein paar Songs, aber wenn ich wirklich ehrlich bin war 'Free'N'Easy' der Beste davon. Zu „Fallen Angel“ konnte ich dann mehr beitragen, aber letzten Endes war natürlich Keyboarder und Gründungsmitglied Ken Hensley der Haupt-Songwriter. Und die zahlreichen meisterlich inszenierten Songs, die er bisher geschrieben hat sprechen für sich!“
Als sich Hensley 1980 von URIAH HEEP trennte, war die klassische Phase der Gruppe endgültig vorüber. Wenngleich die neueren Werke der Briten ganz ordentlich ausgefallen sind, vermisst man natürlich nach wie vor die unnachahmlichen Songwriter-Qualitäten eines Ken Hensley. Ein Wiedereinstieg des kongenialen Tastenmagiers bei seiner ehemaligen Liebe würde alle Beteiligten vielleicht noch mal beflügeln… „Oh, ich weiß nicht… Leadgitarrist Mick Box und Keyboarder Phil Lanzon schreiben dieser Tage das meiste Material der Gruppe und das hört sich gut an! Aber um ganz ehrlich zu sein glaube ich, dass bei Ken der berühmt-berüchtigte Funke mittlerweile nicht mehr zündet. Ich weiß, dass mich einige Leute deswegen jetzt hassen werden, aber ich glaube, dass das schon der Fall ist. Ab einem bestimmten Zeitpunkt in ihrem Leben kochen viele ehemals große Songwriter nur noch auf Sparflamme. Ich schließe mich da auch gar nicht aus, denn ebenso in mir drin zündet nicht derselbe Funke wie noch vor wenigen Jahren. Manchmal hat man jedoch mal eine Idee, die einen genau in jene Zeit wieder zurückbefördert, in der man vollkommen inspiriert agieren konnte.“ Mit den ehemaligen Bandkollegen von URIAH HEEP hält John nach wie vor Kontakt. „Ich habe ein paarmal bei ihnen ausgeholfen, als ihr gegenwärtiger Sänger Bernie Shaw krank war. Zudem sind wir noch gut befreundet. Aber ich würde mich der Gruppe definitiv nicht wieder als festes Bandmitglied anschließen! Ich liebe die Jungs wirklich sehr, aber wir haben uns alle irgendwie weiterentwickelt. Zudem ist Bernie der Sänger der Band und das auch schon seit vielen Jahren – und ich hoffe, dass er das noch sehr lange bleiben wird!“
1975 war John ferner Teil des von Deep Purple-Bassist Roger Glover in der altehrwürdigen Royal Albert Hall initiierten „Butterfly Ball“-Projekts, an dem sich zudem solch große Namen wie David Coverdale, Glenn Hughes, Ian Gillan und sogar die britische Model-Ikone Twiggy beteiligten. „Roger hatte eine Kassette mit meinem Gesang gehört und fand, dass ich mich etwas wie Ronnie James Dio anhören würde, der ein Stück des originalen „Butterfly Ball“-Albums „The Butterfly Ball And The Grasshopper's Feast“ einsang. Aber leider gab's diesbezüglich diverse Probleme, denn Ronnie hatte sich gerade eben erst Ritchie Blackmore's Rainbow angeschlossen. Deswegen fragte Roger Glover mich, ob ich das nicht machen könnte. Ich flog also nach London und blieb ein paar Tage bei Roger, um mir den Song und die dazugehörige Show draufzupacken. Ich fand es fantastisch, auf derselben Bühne wie die genannten Jungs auftreten zu können und mir mit Leuten wie David Coverdale oder Glenn Hughes ein Mikro zu teilen. Das war war ein Abend, den ich in meinem Leben nie vergessen werde!“
Ein großartiger Flecken Erde
Zurück zu LUCIFER´S FRIEND: Während das erste Album noch düsteren Hard Rock/Heavy Rock bot, entwickelte die Gruppe um John Lawton, wie bereits erwähnt, auf den Nachfolgealben ihren Stil konsequent weiter und reicherte ihn mit mannigfaltigen Einflüssen an. Bereits auf dem 1972er Nachfolgewerk „Where The Groupies Killed The Blues“ ging man progressiver und experimenteller vor, während „I'm Just A Rock & Roll Singer“ mit swingendem, funkigem (Heavy) Rock überraschte. Der Swing-Einfluss kam auf „Banquet“ dann sogar noch mehr zum Tragen, die Musik tendierte nicht zuletzt auch aufgrund des Beitrags von Bläsern des James-Last-Orchesters mehr in Richtung Fusion und Jazzrock. Auf „Mind Exploding“ besann man sich dann wieder auf erdigen Hard Rock. Danach wechselte John bekanntlich zu URIAH HEEP, allerdings möchte er betonen, dass er LUCIFER´S FRIEND nie wirklich verließ. „Ich gönnte mir nur eine Auszeit, um andere Sachen auszuprobieren, haha!“ Trotzdem brachten LUCIFER´S FRIEND während Lawtons Zeit bei URIAH HEEP zusammen mit Interims-Frontmann Mike Starrs zwei Alben ohne ihren Ursänger heraus: „Good Time Warrior“ von 1978 erinnerte stark an Queen und „Sneak Me In“ lugte gar in Richtung damals nach wie vor populärer Disco-Musik. Eine eindeutige Hinwendung zum Kommerzielleren war während Johns Abwesenheit demnach spürbar. „Die Jungs von LUCIFER´S FRIEND waren immer gut, egal wer gerade am Mikro stand und Mike Starrs war/ist definitiv ein guter Sänger! Um ehrlich zu sein habe ich mir die beiden Scheiben, die sie ohne mich produzierten nie wirklich genau angehört, aber so war das halt zur damaligen Zeit und Mike hatte, wie gesagt, wirklich gute Arbeit abgeliefert!“ Als John dann wieder zur Band stieß, entstand auch umgehend das wieder härter rockende „Mean Machine“. Leider war der Scheibe jedoch kein Erfolg beschieden, weswegen sich LUCIFER´S FRIEND anno 1982 auflösten. Doch Lawton war anderweitig musikalisch aktiv, unter anderem auch in der deutschen Rockband REBEL, die sich später in ZAR umbenannte und von Ende der 80er bis in die 90er hinein drei Alben herausbrachte. „Die Musik dieser Gruppe unterschied sich schon sehr von der von LUCIFER´S FRIEND, selbst wenn es auch Heavy Rock war“ stellt John fest. „Die Jungs kamen aus Stuttgart und waren wirklich verdammt gute Musiker, speziell Gitarrist Tommy Klaus war äußerst talentiert. Ursprünglich sollte ich eigentlich gar nicht bei ihnen singen, sondern sie lediglich produzieren. Der Frontmann den sie damals hatten war in Ordnung, aber er schaffte einfach die Studioaufnahmen nicht, weswegen ich letztlich die Alben fertig einsang.“
Die Zeit verging und Lawton hatte viele weitere musikalische Projekte am Laufen. So war seine Stimme u.a. auch bei TV-Werbespots von Produkten der Marke Colgate, Stuyvesant oder Harley Davidson zu hören gewesen. Zusammen mit Ex-URIAH HEEP-Keyboarder Ken Hensley und Originalbassist Paul Newton rief John zur Jahrtausendwende die HENSLEY/LAWTON BAND ins Leben. 2006 folgte das ON THE ROCKS-Projekt mit Focus-Gitarrist Jan Dumée aus den Niederlanden. Zwei Jahre später erschien der ehemalige LUCIFER´S FRIEND-Sänger dann kurioserweise im bulgarischen Fernsehen im Rahmen einer Reise-Doku-Serie namens „John Lawton Presents“. „Ich war zuvor schon etwas bekannt in Bulgarien, alleine schon wegen meiner Zeit bei URIAH HEEP, denn diese Band war damals zur Zeit des Kommunismus dort schon ziemlich populär. „Für meine eigene Website hatte ich anfangs einige kleine Reisevideos angefertigt und das sah dann die „TV Company Ckat Television“. Deren Chef fragte mich, ob ich das nicht in einem größeren Rahmen würde machen wollen und natürlich sagte ich da zu! Im Juli 2017 habe ich nunmehr gerade eben erst die Arbeiten an der 20. Folge abgeschlossen. Es geht in der Serie um Bulgarien, um die Geschichte, die Traditionen dieses Landes bis zur Gegenwart und ja, das ist schon ein großartiger Flecken Erde!“
Später war John Teil der bulgarischen Gruppe Diana Express, zudem trat er sogar in dem bulgarischen Film „Love.net“ in Erscheinung. In erwähntem Streifen ist dann auch 'Ride The Sky' von LUCIFER´S FRIEND zu hören. Infolge dieser engen Kontakte zu Bulgiarien hielt sich das Gerücht hartnäckig, der Sänger würde mittlerweile seinen Hauptwohnsitz nach Osteuropa verlegt haben. „Nein, das nicht, aber ich habe eine Wohnung dort, wo ich immer dann hingehe, wann immer ich etwas Zeit hab. Aber sie liegt im Norden des Landes und ich halte mich nicht immer in dieser Gegend auf, weswegen sie meistens leer bleibt. Ich lebte allerdings eine ganze Weile lang in Deutschland, bin mit einer deutschen Frau verheiratet, ich liebe Bulgarien, aber ich selbst bin nach wie vor ENGLÄNDER, haha!“
Vibe wiedergefunden
Bereits 1994 hatte man versucht, LUCIFER´S FRIEND wiederzubeleben. Heraus kam das unter dem Namen LUCIFER´S FRIEND II veröffentlichte Album „Sumo Grip“. Zwanzig Jahre später beschlossen die Jungs dann wieder gemeinsame Sache zu machen. „Wir hatten schon immer darüber gesprochen, wieder zurückzukehren, aber leider konnten wir dafür nie wirklich Zeit aufbringen. Ein Promoter aus den USA rief mich eines Tages mal an und fragte, ob eine Reunion möglich wäre. Also sprach ich mit meinen ehemaligen Mitstreitern darüber und Gitarrist Peter Hesslein und Bassist Dieter Horns erklärten sich dazu bereit, das zu machen. Unser alter Keyboarder Peter Hecht beschloss, dass er sich den Stress, den das mit sich bringen würde, nicht antun möchte. Ohnehin ist er in seiner momentanen Wahlheimat Schweden ziemlich zufrieden, wo er mittlerweile Bilder malt. Die USA-Tour klappte nicht, aber das gab uns den Tritt in den Allerwertesten, den wir benötigten, um wieder zusammenzufinden.“
Nach fast vier Jahrzehnten der Stille standen LUCIFER´S FRIEND dann 2015 wieder gemeinsam auf der Bühne. Unter anderem trat man zudem beim prestigeträchtigen „Sweden Rock“-Festival auf. Auch neue Tonträger folgten, wie die Compilation „Awakening“, welche alte wie neue Stücke enthielt und der Longplayer „Too Late To Hate“. Selbstverständlich ist der Name LUCIFER´S FRIEND alten Rock-Veteranen heutzutage nach wie vor ein Begriff. Im Laufe der letzten Jahre hat sich jedoch zudem noch eine komplett neue Fanschar rekrutiert. Immer mehr jüngere Fans entdeckten die Band und ihre eigenständige Musik für sich. „Ja, bei unseren Konzerten habe ich gemerkt, dass sich auch viele jüngere Leute im Publikum befinden. Die kennen auch unsere alten Sachen, was natürlich sehr gut ist!“
Es muss schon komisch anmuten, nach all den Jahren die Klassikerstücke wieder einzustudieren, damit sie livetauglich sind. „Sicher, es ist ja schon eine Weile her seitdem wir die Songs das letzte Mal gespielt haben! Als wir dann im Proberaum zusammenkamen, brauchten wir deshalb schon etwas Zeit, um unseren speziellen Vibe wiederzufinden. Aber als das mal geglückt war, fügte sich alles wieder zu einem großen Ganzen zusammen, haha! Peter Hesslein schickte mir zudem einen ganzen Haufen Ideen, damit ich sie mir anhören und sagen konnte, welche davon ich wirklich gut fand. Daraufhin fing ich an, mir Texte zu den Stücken auszudenken. Das Songwriting für unser letztes Album „Too Late To Hate“ ging sehr schnell vonstatten, wie das eigentlich immer der Fall ist. Allerdings beanspruchten die Aufnahmen, das Mixing etc. die meiste Zeit.“
Hesslein und Lawton dürften nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass sie bei LUCIFER´S FRIEND von Beginn an dabei waren, auch diejenigen sein, die in der Band gegenwärtig das Sagen haben. „Nicht ganz. Peter Hesslein, Dieter Horns und ich fällen die Entscheidungen in geschäftlicher Hinsicht. Sicherlich mag es von außen so aussehen als sei das Ganze eher eine Hesslein/Lawton-Sache, aber das rührt wohl lediglich daher, weil Peter und ich den Großteil der Musik und Texte verfassen.“ Derzeit treten LUCIFER´S FRIEND nur bei ausgewählten Konzerten in Erscheinung, groß angelegte Tourneen sind derzeit (noch) tabu. „Peter hat mit einigen gesundheitlichen Problemen zu kämpfen. Diese müssen erstmal ausgeräumt beziehungsweise überstanden sein, dann können wir über eine Tour nachdenken.“ Auch abseits von LUCIFER´S FRIEND ist John Lawton nach wie vor anderweitig aktiv. „Ich mache immer noch meine Dokumentationen fürs bulgarische Fernsehen, außerdem trete ich noch dann und wann mal mit meinen bulgarischen Freunden bei Konzerten in Erscheinung. Ich bin also immer noch gut beschäftigt, außerdem wird's Anfang 2018 ein neues LUCIFER´S FRIEND-Album geben. Es passiert momentan also schon recht viel!“