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Metal Assault 2018

Zwei Tage vor der Veranstaltung trübte erst einmal eine schlechte Nachricht die Stimmung der Festivalbesucher. Die Koryphäen und Headliner Ashbury mussten wegen einer schweren Grippe von drei Bandmitgliedern kurzfristig Ihren Auftritt absagen. Ein würdiger Ersatz konnte kurzfristig nicht mehr gebucht werden, weswegen sich die Veranstalter entschieden, etwas später anzufangen und einige Bands dafür etwas länger spielen zu lassen. Eine halbe Stunde vor Konzertbeginn ist dann aber doch bei kaum einem der vor der Halle stehenden Headbanger schlechte Laune auszumachen. Lediglich ein paar aus entfernteren europäischen Nachbarländern extra wegen Ashbury angereiste Fans spülen ihren Frust dann doch schon zu früherer Stunde recht gründlich mit hochprozentigem Moonshine herunter.

Durch die längere Einlasszeit gibt es dieses Mal erfreulicherweise keinen Stau beim Entern der Posthalle, was BOOZE CONTROL ganz klar zugutekommt. Als die sympathischen deutschen Kumpels in Kutten mit ihrem stark von alten Maiden als auch ganz frühen Helloween beeinflussten Heavy-Sound loslegen, befinden sich schon vergleichsweise viele entspannte Banger vor der Bühne. Das Quartett wirkt nicht immer professionell oder routiniert, aber dieser Enthusiasmus als auch die Spielfreude reißt dann einfach doch den Großteil der Anwesenden mit. Neben dem großartigen Warlord-Cover 'Child Of The Damned', ist es heute vor allem der Ohrwurm einer Bandhymne namens 'Booze Control' als auch 'We Are The Booze', bei dem der Mosh- und Mitsing-Faktor am größten ist. Ein toller Anfang!

Die hübschen, blonden Schwedinnen von MYSTIK rund um ihren Drummer und Hahn im Korb Sven Nilsson (Antichrist) ziehen anschließend nicht nur dank ihrer sexy Kurven und Leder-Outfits eine Menge neugierige Männer direkt vor die Bühne. Es mischen sich auch eine Menge schöne Damen darunter. Überhaupt ist der Frauenanteil auf dem Metal Assault als auch Keep It True in den letzten Jahren nicht nur dank Combos wie Ashbury erfreulich angestiegen. Es ist auch ein Generations-Nachwuchs zu beobachten. Aber zurück zum schwarz und okkult angehauchten Heavy/Speed Metal von MYSTIK. Das Quartett bestreitet heute seinen zweiten Gig überhaupt und manche der Girls sogar ihren ersten. Dementsprechend nervös, schüchtern und konzentriert wirken die Musiker stellenweise. Die Band ist aber für diese Umstände gut eingespielt und wirkt sehr sympathisch als auch authentisch. Sex sells, aber die Skandinavier werden auch so vom ersten Song an respektiert und abgefeiert. Dies ist dank des energetischen, abwechslungsreichen und stets interessant gestalteten Songmaterials kein Wunder. Alte Mercyful Fate als auch Slayer lassen sich genauso wie frühe Kreator, Running Wild und etwas Punk heraushören. Drummer Sven sieht aus wie James Hetfield 1984 plus Schnauzer, und die Leder- und Nieten-Outfits seiner Ladys katapultieren den Zuschauer direkt zurück in die glorreichen 80s. Leider machen MYSTIK (mangels weiterer Stücke?) etwas überpünktlich Schluss, ansonsten gibt es aber außer dem stellenweise noch optimierungswürdigen Gesangslinien gar nichts zu meckern. Highlight: 'Ancient Majesty' und dass es das Demo nur auf Tape zu kaufen gibt.

Was Energie, Bühnenpräsenz und Bewegung auf der Stage angeht, schießen CRYSTAL VIPER anschließend den Vogel ab. Die Polen bzw. Polinnen sind pausenlos in Bewegung, posen, was das Zeug hält, und spielen, als ginge es um ihr Leben. Heute weiß sich insbesondere der Herr am grünen Tieftöner hervorzutun – seinem Instrument dürfte es schwindelig geworden sein. Ganz zu schweigen natürlich von Klampferin und Frontfrau Marta Gabriel. Eine unglaubliche Power in der Stimme selbst bei den höchsten Tonlagen. Und die Doppelbelastung an der Gitarre scheint die Dame keineswegs zu stören. Was schon auf Platte sehr gut funktioniert, bläst live wirklich alles weg! Dafür ist es völlig egal, ob alte Tracks ('Night Prowler'), nagelneue Kamellen ('The Witch Is Back') oder Standards ('When The Sun Goes Down', 'Flames And Blood') abgefeuert werden. So sieht ein Triumphzug aus! Die wenigen im Publikum, welche CRYSTAL VIPER bisher noch nicht auf dem Radar hatten, dürften sich spätestens seit diesem Wahnsinnskonzert auch zu den Fans zählen. Das großartige 'Agent Steel'-Cover setzt dann allem noch die Krone auf – Ohrwurm der nächsten Tage.

Auf den Aufritt der folgenden Holländer sind nun nicht wenige gespannt. EMERALD sind seit 1984 (bzw. seit den 70s unter anderem Namen) aktiv und brauchten nach ihrem ein Jahr später veröffentlichten, bockstarken Debüt „Down Town“ sage und schreibe 32 Jahre, eher 2017 mit „Voice For The Silent“ der Nachfolger erschien. Dieser bewegt sich erstaunlicherweise größtenteils auf Augenhöhe mit dem Erstling. Aber wie werden sich die älteren Herren live schlagen? Die Entschlossenheit als auch das Leder- und Nieten-Outfit der Musiker lässt gleich den rebellischen Charme der Heavy-Metal-80s wieder aufleben. Der Fünfer ist bestens eingespielt und zockt arschtight zusammen. Die Stimme von Sänger Bert mag zwar bei ihrer Kauzigkeit polarisieren, hat aber auch bei den schrägsten Screams eine unbändige Power! Nicht jedermanns Sache, aber auf alle Fälle ein Alleinstellungsmerkmal. Es sind aber insbesondere die Riffs, die Arrangements als auch die Soli, die heute live aufhorchen lassen und viele verzaubern. Auch wenn wir von klassischem Old School Metal sprechen, rockt hier alles von A-Z, und immer wieder schießen einem Namen wie Saxon, Thin Lizzy, Diamond Head oder ganz frühe Judas Priest in den Kopf. 'Iron On Iron' wird gleich zu Beginn abgefeuert, und Stücke wie 'D-Day' oder 'Johnny's On The Run' tun ihr Übriges, um alles und jeden sofort mitzureißen. Aber auch die Stücke von der neuen Platte kommen erstaunlich gut an, wenn davon auch eventuell tendenziell etwas zu viel gespielt wurde. Saugeiler Auftritt!

VISIGOTH sind derzeit, nicht nur aufgrund ihrer hervorragenden Live-Qualitäten, in aller Munde. Der Siegeszug, welcher mit dem Gig auf dem 2017er Keep It True begann, setzte sich anschließend mit dem Schreiben einer unglaublichen neuen Scheibe namens „Conqueror's Oath“ fort. Diese Platte ist gerade mal eine Woche veröffentlicht, als die Amis heute die Bühne entern und nach dem bewährten 'Dungeon Master' gleich mal den Opener 'Steel And Silver' zum Besten geben. Und siehe da, die Crowd ist sofort extrem textsicher, was sich beim Hit und Übersong 'Warrior Queen' fortsetzt. Es war heute bisher noch nie so voll vor der Bühne, und die Posthalle kocht vor Enthusiasmus und Stimmung fast über. Mitsinger, Banger und begeisterte Gesichter, wohin das Auge blickt. Eines ist jetzt schon klar, VISIGOTH sind momentan die Band der Stunde und werden problemlos weiter nach oben aufsteigen, wetten? Schön ist, dass es sich hier um keinen Hype handelt, sondern sich diese Musiker buchstäblich den Arsch abspielen. Diese Hingabe und Leidenschaft, dieser Spirit als auch dieses Gemeinschaftsgefühl und die positive Energie auf der Bühne suchen derzeit in diesem Genre ihresgleichen. Zudem scheint man ausgiebig geprobt zu haben, was sich in perfektem Zusammenspiel als auch Breaks, Fills und Killer-Soli niederschlägt. Mit 'Outlive Them All' und dem genialen 'Traitor's Gate' folgen zwei weitere neue Nummern, bei denen sich vor allem Sänger Jake Rogers besonders in Szene setzen kann. Der Frontmann hat merklich an seinem Gesang gearbeitet und ist mittlerweile zu einem herausragenden Entertainer herangewachsen. 'Blades In The Night' als auch der Titelsong huldigen weiter dem neuen Longplayer – mutig, aber erfolgreich, so viel neues Material zu zocken. Am Bass ist heute die Vertretung Noah Hadnutt aktiv. Eine waschechte Rampensau, die am liebsten selbst alle Songs (mit-)singen würde bzw. dies auch ohne Mikro tut. Ob ein temporärer Ersatz oder. doch dauerhaft, bleibt abzuwarten. Die älteren Stücke 'Mammoth Rider' als auch 'The Revenant King' beschließen eine Show, über die man noch lange sprechen wird. Ganz großes Kino!

Die folgende Schwedenbande ist durchaus als klasse Live-Band bekannt, kann aber dem vorherigen Metal-Orkan aus Salt Lake City heute nichts entgegensetzen. Bei aller Routine und Power, welche die einzelnen Musiker an den Tag legen, will der berühmte Funke nach der vorherigen Machtdemonstration nicht so recht überspringen. Viele Anwesenden brauchen nach VISIGOTH eine Verschnaufpause bzw. nutzen einen Teil der Spielzeit von AIR RAID wie auch der Rezensent zur Nahrungsaufnahme. Ein weiterer Negativfaktor ist auch, dass die erst seit 2009 aktive Band heute bereits mit dem dritten Sänger auf der Bühne steht. Dieser ist zwar stimmlich über jeden Zweifel erhaben, glänzt aber nicht gerade mit Ausstrahlung und Bühnenpräsenz. Trotzdem machen die von alten Judas Priest, Iron Maiden sowie rockigeren Vorläuferbands beeinflussten Songs wie 'Hold The Flame', 'Night Of The Axe' oder 'A Blade In The Dark' natürlich auch heute live Spaß.

Nachdem die die Batterien im Publikum wieder aufgeladen, die Mägen gefüllt und das nächste Bier eingegossen ist, folgt das nächste große Highlight des Abends. Wenn es in der Musikwelt gerecht zugehen würde, müssten diese holländischen Ur-Metaller heute eigentlich verdienterweise viel größer sein. Die heutige Show steht unter dem Motto „40 years of Heavy Metal Ears“. Und die Herren gesetzten Alters haben heute so richtig Bock, sind bestens vorbereitet und legen bestens gelaunt und mit dem Enthusiasmus und der Begeisterung von jungen Teenies sofort mit Vollgas los. Es ist eine Freude, diesen begnadeten Musikern bei der Arbeit und dem gegenseitigen Zuposen zuzusehen. Durch und durch sympathisch, charismatisch und glaubwürdig feuern PICTURE einen Klassiker nach dem anderen ab. Die Posthalle steht schon nach dem dritten Song ein weiteres Mal komplett Kopf, und die Stimmung kocht förmlich über. Den Niederländern kommt außerdem zugute, dass der Sound glasklar und differenziert ist – die Gitarren so richtig schön braten. 'Lady Lightning', 'Bombers', 'Hangman', 'Message From Hell' - es gibt wirklich ALLE unverzichtbaren Songs zu hören. Anhand dieser unglaublichen Vorstellung wird einmal mehr klar, dass sich die jungen Bands warm anziehen dürfen, um solchen Legenden nach dem Abtreten in Sachen Ausstrahlung, Songwriting und Leidenschaft das Wasser zu reichen. Neben dem Gig von VISIGOTH ganz klar das größte Highlight des heutigen Tages – wenn nicht schon jetzt des noch sehr jungen Jahres.

Wenn heute bisher etwas im Billing gefehlt hat, dann war das eine schöne Thrash-Aggro-Keule der alten Schule. Bitte schön, hier können AT WAR mit ihrem ruppigen, brutalen Speed/Thrash Metal Abhilfe leisten. Wozu braucht man Koks, wenn es Combos wie diese Amis gibt? Sie prügeln dem Publikum jeden noch so kleinen Anflug von Müdigkeit aus den Knochen. Gut, schnell und kurzweilig – wie es sein muss! Manchmal ist eben Stumpf Trumpf und rohe ungezügelte Energie alles, was zählt. Sicherlich zählten AT WAR nie zur Speerspitze der US-Thrash-Szene – dies machen sie aber mit kompromisslosem Auftreten, geilem Motörhead-Cover 'The Hammer' sowie zahlreichem Grinsen und Grimassen schneiden wieder wett. Und sonst so? Am meisten Freude bereiten heute 'At War', 'Rapechase' und natürlich 'Ilsa (She-Wolf Of The S. S.)‘. So wertvoll wie ein kleines, blutiges Steak!

Nach der Absage von Ashbury avancieren TITAN FORCE nun ungeplanterweise zum Headliner und bekommen etwas mehr Spielzeit. Altfans, Szene-Veteranen und Metal-Gourmets freuen sich einen Wolf. Der Rest aber steht dieser Programmänderung zu Beginn der Show eher skeptisch gegenüber. Die Amis sind weniger dafür bekannt, mit wildem Stageacting, viel Bewegung und Aggression Aufsehen zu erregen. Es ist die unglaubliche Musikalität, die technische Brillanz, die Tightness und die in sich versunkene Hingabe jedes einzelnen Musikers, welche hier und heute in den Bann zieht. Selbst Anwesende, die ganz und gar nicht Fan der Band oder dieses Musikstils sind, schauen gebannt zu und verlassen nicht vorzeitig die Posthalle. So teilt sich das Publikum schnell in völlig ausrastende Banger, jedes Wort mitsingende Die-Hards und mehr oder weniger ehrfürchtig lauschende Passivhörer auf. Bezüglich Ausnahme-Sänger Harry „The Tyrant“ Conklin sind sich dann aber wieder fast alle einig. Unglaublich, mit welcher Hingabe dieser Mann jedes einzelne Wort singt, lebt und illustriert. Wahnsinn, wie verträumt er da stellenweise auf der Bühne steht und über den Dingen zu schweben scheint. Das Zusammenspiel von TITAN FORCE ist heute Abend nicht von diesem Planeten, und die Setlist könnte wohl kaum besser und vollständiger sein. Am meisten überrascht das Live-Debüt von 'Dream Escape', die beiden Black Sabbath-Cover sowie das Gänsehaut-Level des Duos 'New Age Rebels' und 'Only The Strong' zum Ende des Sets.

Setlist TITAN FORCE:

Small Price To Pay

Winner / Loser

Too Late

Eyes Of The Young

Fool On The Run

Bright Red

Fields Of Valor

Shadow Of A Promise

In The End

Chase Your Dreams

Master Of Disguise

Dream Escape (Premiere!)

Falling Off The Edge Of The World (Black Sabbath)

Over And Over (Black Sabbath)

New Age Rebels

Only The Strong

Blaze Of Glory

Nach Konzertende startet dann noch eine Aftershow Party, die sich in jeder Hinsicht gewaschen hat. Grandiose Stimmung, grandiose DJ-Beschallung, tolle Leute, friedliche, aber verrückte Atmosphäre und moshen, bis buchstäblich die Lichter ausgehen. Damit geht ein erneut mehr als gelungenes Metal Assault Festival zu Ende. Wir freuen uns schon jetzt aufs nächste Jahr – und darauf, dass Oli Ashbury vielleicht für einen Nachhol-Gig noch einmal nach Würzburg locken kann.

Text: Markus Wiesmüller

Fotos: Anastasiya Wiesmüller

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