Irgendwie unpassend scheinen VAyL aus Berlin auf dem Billing zu sein – mit ihrem Stoner-Habitus. Da stehen da zwei Studenten und wissen nicht so recht, warum. Aber eben nur scheinbar. Denn als es richtig losgeht, geht die pimmelige Pickelhaube aka Hipsterzopf auf und der Kollege banged wie der Metal-Teufel. Musikalisch sind Songs wie „Follow The Goat“ „Amnesia“, zu dem es sogar ein Video gibt, oder „Tranquilized“ stonylässig as fuck und grooven ziemlich. Wenn jetzt die Ansagen entspannter wären als „Wir beeilen uns“ und die Brille besser säße, dann wäre hier der 1a-Live-Event zu nächsten Blubber-Party geritzt. Extrem cool kamen aber die Gasmaskenschaufenster-Puppe und das Glücksrad am Merch-Stand...
Die Fast-Hannoveraner SURGICAL STRIKE mit Carl äh Jens Albert (Ex-De/Test) am (Sprach)-Rohr wirken wie Ami-Thrasher (nur sympathischer) und haben mit Marcelo von Drone einen Promi in ihren Reihen. Musikalisch klingen sie, als hätten sie auch einen Sänger von Exodus an Bord, denn „(Drop)“ oder „Down With Me“ klingen vokalistisch nach guten, alten Violent-Fun-Zeiten. Und so riffen sich die Niedersachsen um Kopf und Kragen, bowen zur alten Schule und machen Hoffnung mit einem Song wie dem abschließenden „We’ll Meet Again“. Wenn auch nicht wegweisend, so sind SURGICAL STRIKE ein sehr solider Tipp für Thrash-Fans.
Das sind auch NERVOSA. Ohne Zweifel. Es liegt nahe, dass die große Zuneigung zu den drei brasilianischen Mädels durchaus an ihrem Geschlecht liegt. Der gemeine Banger scheint eben doch einfach zufrieden zu stellen zu sein. Da wird mit dem Handy mal nicht das Gesicht , sondern eben das Gesäß geknipst... Wie auch immer: So süß sie auch wirken, so gehen sie aus sich heraus, wenn „Hypocrisy“ einsetzt. NERVOSA zitieren Slayer und sämtliche deutschen Big-Sonstwieviels und lassen ihre süße Mädel-Maske fallen. Tight as fuck, zugegeben auch ein wenig hausbacken, thrashen sie die angenehm zugequarzte Butze zusammen und sogar für noch mehr Hitze. Die Männchen im Publikum und alle andere gehen steil und selbst Kritikaster der Gleichberechtigung wiegen zufrieden mit dem Kopf. „Intolerance Means War“ setzt einen Höhepunkt. Sie sind aber auch zu süß. Und echt ganz gut. Die Female-Thrasher von NERVOSA.
Wenn die denkst, es geht nicht mehr, kommt irgendwo ein Engel her: In Gestalt von AGE OF WOE. Die Göteborger begrüßen Hamburg herzlich und kündigen tanzbaren Death Metal an – und treffen damit den rostigen Nagel voll auffe Birne. Eine knappe Stunde entführen sie auch die schüchterne Blonde neben uns in andere Sphären. Stark, wie Sänger Sonny für Fan-Band-Bindung sorgt – ehrlicher kann ein Fronter nicht wirken. Dazu der vollkommen irre angezogene Carlos an der Gitarre – in orientalischem Mäntelchen und Hausschuhen fiedelt er mittels feinster Melodien so viel Gänsehaut auf die Ärmchen, dass sich wildfremde Menschen in die Arme fallen. Ob neue Songs von „An Ill Wind Blowing“ Opener „Voices of the Unleashed“, „Bad Blood“, Heavy Clouds“, „Ill Winds“) oder ältere von „Inhumanform“ („Like Embers“, „Red Eyes“, „Black Rain“) und ein ganz altes – „No Remorse“ von der 2011er-Premieren-EP – alles, wirklich alles stimmt an diesem Abend bei AGE OF WOE. Der Crusty-Hammer! Wie das Bambi – und wie der gesamte Abend irgendwie auch.