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Viele Besucher sind bereits am Donnerstag angereist, wo ab 20 Uhr eine Opening-Party steigt. Anders als die Jahre zuvor findet dieser Event für das feier- und trinkwütige Volk dieses Mal in schönster Hells Pleasure-Tradition wieder im Party-Zelt direkt neben dem Bier- und Cocktailstand statt.

Freitag

Pünktlich um 16:00 Uhr geht es los mit den Israelis von VENOMOUS SKELETON. Wer sich verwundet die Augen reibt, nein, es liegt nicht an der überlangen Party am Vorabend, die Herren auf der Bühne sind wohlbekannt, agieren sie doch alle drei auch bei SONNE ADAM. Mit VENOMOUS SKELETON haben Tom Davidov - der hier die Felle bearbeitet - und Co. bislang nur eine EP raus, deshalb gibt es neben 'Mare Tenebrarum' oder 'Arcane Chants Of Death' überwiegend Unbekanntes auf die Ohren, nämlich Material vom kommenden ersten Album. Der Titel 'Arcane Chants Of Death' kann gut und gern als Beschreibung für den Todesmetall des Trios herhalten, es geht zünftig zur Sache, wobei sich eine ordentliche Portion 'Venomous' daruntermischt. Die Reaktionen des Publikums sind noch ein wenig verhalten; die Position des Festivalopeners war halt schon immer etwas, sagen wir mal problembehaftet. Dennoch sind Tom, Chen und Nir durchaus zufrieden, wie sie später verraten.

Schon am frühen Nachmittag kommt der erste beabsichtigte Stilbruch in Form von MAGGOT HEART. Die neue Band von Linnéa Olsson (zuvor bei The Oath und Beastmilk aktiv) kommt eben nicht mit Death Metal, sondern einer kleinen, angenehm ruppigen Postpunk-Explosion um die Ecke, so dass man sich fragt, ob sich hier vornehmlich Reminiszenzen der Beastmilk-Zwischenstation finden, oder ob Miss Olsson dieser musikalischen Früh-80er-Subkultur schon länger frönt. Einerlei, Songs wie 'Neuromancer' oder 'Show Them Your Teeth' können überzeugen, und da fällt es auch nicht weiter ins Gewicht, dass die etwas schüchterne Performance in Kontrast zur unaufgeregt-unangepassten Stimmfarbe steht. Das Gesamtpaket passt, auch wenn so manchem das Fragezeichen im Gesicht mehr als deutlich anzusehen ist.

Nach diesem alternativen Ausflug sorgen VORUM dafür, dass es wieder richtig fies dreckig und hasstriefend wird. Gleich 'Hungry Wounds' präsentiert sich mit gnadenloser Hässlichkeit. Das auf den Ålandinseln beheimatete Quartett, das gern mal Musiker-wechsel-dich mit Degial spielt, zelebriert seine Disharmonien und verqueren, Gänsehaut-erzeugenden Soli mit einer Kompromisslosigkeit, die das verrottete Herz erfreut. Etwas schwierig wird es beim Sound, der je nach Standpunkt variiert. Hören sich 'Tri Ennial' oder 'In Grime In Lust' hinten bei den Merchständen durchaus ordentlich an, gibt es ganz vorn leider teilweise einen ziemlich Soundbrei auf die Ohren. Ansonsten ist als einziger 'Kritikpunkt' anzumerken, dass der Auftritt von VORUM ruhig etwas länger hätte sein dürfen.

ATTIC geben schon mal einen kleinen Vorgeschmack auf ihr im August erscheinendes neues Album „Sanctimonious“ zum Besten. Die Live-Feuertaufe bestehen die frischen Stücke durch die Bank, die Fanbasis dankt es dem Quintett mit ausgelassenem Jubel. Natürlich gibt’s darüber hinaus noch genügend alte Stücke, vornehmlich vom Debüt „The Invocation“. Den Schlusspunkt hinter einen engagierten Auftritt setzt das eingängige 'The Headless Horseman'. Natürlich muss man angesichts des Gesangsorgans von Meister Cagliostro einmal mehr an King Diamond denken, rein musikalisch gesehen dominiert traditioneller, düsterer Heavy Metal.

Warum sich Gedanken über eine Setlist machen, wenn die ideale Reiseroute so offensichtlich vor einem liegt wie mit "Trance Of Death". Ein Album wie aus einem Guss, denken sich VENENUM zu Recht, werfen die neue Nebelmaschine an, die sich im Laufe des Auftritts dreimal rentiert haben dürfte und kredenzen ihr Debütalbum "Trance Of Death" in seiner Gesamtheit. Düster und doch sphärisch erklingt das Intro 'Entrance' und ergießt sich in 'Merging Nebular Drapes', alles fließt ineinander und ja, speziell dieser Titel ist Programm, denn viel sieht man von VENENUM nicht. Einzig Neuzugang D.P. an der Gitarre, der letztes Jahr das Chaos Descends mit Horns Of Domination eröffnete, steht etwas günstiger im Wind. Die Atmosphäre stimmt, und wie im heimischen Gemach findet die Scheibe auch live ihr Grande Finale im dreiteiligen Titeltrack. Groß!

Was wird dieser Tage in der einschlägigen Fachpresse nicht alles über die Polen von MGLA geschrieben? Angefangen bei der radikalen Botschaft, welche sich in den Texten sowie in diversen Interview-Aussagen manifestiert bis hinüber zur äußerst rabiaten Musik ist der Name der Band scheinbar in aller Munde. Was dann im Rahmen des Auftritts der Osteuropäer am „Chaos Descends Festival“ geboten wird ist präziser, rabenschwarzer Metal, der sich in wahren Gewalt- und Geschwindigkeitsorgien ergeht. Das Black Metal-affine Publikum dankt diese Zurschaustellung blanker Zerstörungskraft mit ausgelassenem Jubel. Allzu viel Neues oder Außergewöhnliches bieten MGLA allerdings nicht, und man fragt sich, wieso gerade diese Truppe so dermaßen über den grünen Klee gelobt wird.

Das ist beim unmittelbar darauf folgenden Headliner des Freitags, CIRITH UNGOL, ganz anders: Die Amis sind Kult und passen zum Chaos Descends wie die Faust aufs Auge! Dies wird bereits aufgrund der Tatsache offenbar, dass das Festival seinen Namen einem Songtitel der Jungs aus dem kalifornischen Ventura entlehnt hat. Natürlich wird dieses Stück an diesem Abend zum Besten gegeben, genauso wie auch andere Klassiker der Marke 'Join The Legion', 'Blood & Iron', 'I'm Alive', 'Finger Of Scorn', 'Black Machine', 'King Of The Dead' und und und. Im Vergleich zum Auftritt beim diesjährigen Keep It True Festival ist auch der Sound dieses Mal über alle Zweifel erhaben, so dass einem rundum gelungenen Hörvergnügen nichts mehr im Wege steht. Die Band zeigt sich einmal mehr in Topform und liefert natürlich auch wieder zum Ende des regulären Sets die unvergleichliche „Paradise Lost“-Trilogie, bestehend aus 'Chaos Rising', 'Fallen Idols' und eben 'Paradise Lost' ab. Die Setlist ähnelt der vom „Keep It True“-Auftritt, allerdings lassen es sich die Amis nicht nehmen und zocken darüber hinaus auch noch 'Fire' von Altmeister Arthur Brown, der bereits genau vor einem Jahr auf derselben Bühne stand. CIRITH UNGOL sind mehr als ein würdiger Headliner und schaffen es, eine mehr als denkwürdige Show hinzulegen, die dem Legendenstatus der Jungs um Frontmann Tim Baker mehr als gerecht wird!

Im direkten Vergleich zu dieser schwermetallischen Epic-Edelkost gibt's beim Rausschmeißer SORTILEGIA nur tausendmal aufgewärmte Schwarzwurzel-Billignahrung: Vielleicht ist der Verfasser dieser Zeilen nach dem Feuerwerk des Headliners einfach nicht in der Stimmung, aber das was die Kanadier bieten ist schlichtweg Standard-Black Metal, der sich von Vorreitern aus den 90er Jahren so gut wie gar nicht unterscheidet. Das Ganze wirkt schlichtweg viel zu unspektakulär und lässt Eigenständigkeit komplett missen. Natürlich ist eine gewisse Treue gegenüber gängigen Klischees und Klangmustern löblich, in letzter Konsequenz hat man das alles woanders mal doch schon weitaus besser gehört. Im Vergleich zu Rausschmeißern der letzten Jahre bzw. zu Hells Pleasure-Zeiten, als eigenwillige Größen wie Abysmal Grief, Conan oder Esoteric für qualitativ hochwertige Tages-Ausklänge sorgten ziehen SORTILEGIA klar den Kürzeren. One man's trash is another one's treasure. Der zweite Schreiberling vor Ort geht nicht ganz mit dieser Meinung einher. Sicherlich werden SORTILEGIA keinen Preis für Innovation einheimsen, aber der allein von Kerzenschein erhellte Auftritt der beiden Kanadier in Verbindung mit der gewollt sehr verhallten Soundwand kann in puncto Atmosphäre durchaus was.

Samstag

10:00 Uhr morgens... und es regnet. Danke, es ist nur eine kurze Dusche, und danach wird es richtig warm und drückend. Nach einer Zugfahrt mit VENOMOUS SKELETON bzw. SONNE ADAM (Na, wer von den regelmäßigen Besuchern dieses Festivals hat es noch nicht geschafft, sich in diese Kinderbahn zu drücken, um das Gelände zu erkunden? Irgendwann ist doch jeder dran.) ruft die Natur und man kraxelt beherzt den einen oder anderen Hügel rauf. Gibt ja auch bei diesen Temperaturen nichts Besseres... um die Zeit totzuschlagen, bis PAUL WERLING auf der „Nature Stage" aufspielt. Diese melancholischen, tiefgründigen Kleinode mit klangvollen Namen wie 'Bitter Proclamation', 'Golden Life' oder '... And The Blackbird Still Sleeps' berühren, doch in der grellen Sonne und in dem alten Schwimmbecken fällt es schwer, sich wirklich von der Musik abholen zu lassen. Der gefühlvolle Gesang von PAUL WERLING wird von Hanna Mauk mit Viola und Stimme wundervoll ergänzt und trotzdem dominiert leider der Gedanke "es ist blendend hell und heiß".

Den kurzen Reigen auf der „Nature Stage“, wo die Musiker in einem alten, leeren Swimmingpool sitzen und Akustisches zum Besten geben, beenden A DEAD FOREST INDEX. Die beiden Brüder Sam und Adam Sherry vermochten bereits unlängst als Support auf der Europatour ihrer Labelgenossin Chelsea Wolfe auf sich aufmerksam zu machen. Das was das Duo aus dem fernen Australien an diesem Sommer-Nachmittag bietet ist minimalistische, atmosphärische Tonkunst. Zumeist beschränkt sich das Ganze auf wenige Akkorde, denen sich weinerlicher, zerbrechlich anmutender Gesang hinzugesellt. Im weltweiten Netz werden Vergleiche zu Größen wie Swans, die frühen Sisters Of Mercy, Dead Can Dance oder gar The Velvet Underground gezogen. Viel hört man von diesen Einflüssen nicht im Sound der Jungs aus Melbourne. Stattdessen versuchen A DEAD FOREST INDEX, ein ureigenes Süppchen zu kochen. Wirklich überzeugend wirkt das nicht, so dass eher gepflegte Langeweile regiert.

Da wissen die Norweger von OKKULTOKRATI auf der Hauptbühne wenig später weitaus besser zu gefallen: Das Quintett geht mit seiner originellen Mischung aus Sludge, Doom, Black Metal und Hardcore Punk äußerst rabiat zur Sache und vermag es dennoch, mit den Songs von „Raspberry Dawn" und ähnlichen Kalibern durch repetitive Elemente ein nahezug hypnotisches Flair zu verbreiten . Selbst wenn noch viele Besucher der großen Hitze, die zu der Zeit noch vorherrscht und die direkt den Platz vor der Hauptbühne unerbittlich eingenommen hat, zu fliehen scheinen, ernten die Skandinavier mehr als nur Höflichkeitsapplaus. Einen besseren Einstand für den zweiten Festival-Tag hätte es kaum geben können!

Danach geht es Schlag auf Schlag: NIGHT DEMON rocken das Chaos Descends mit einer schweißtreibenden, intensiven Show, die von Anfang bis Ende zu begeistern vermag. Überraschungen gibt’s in der Setlist nicht, greifen die Kalifornier doch auf eine ansprechende Mischung von Songs ihrer bisherigen Karriere zurück. Anders als beim „Keep It True“-Auftritt in diesem Jahr gibt’s kein Maiden-Cover, dafür aber verlässt die Band zum Ende des Sets standesgemäß die Bühne, um nach einem Zwischenstück vom Band den Ohrwurm 'The Chalice' von der selbstbetitelten Debüt-EP zum Besten zu geben. Dazu wankt der Sensenmann mit dem besungenen Kelch über die Bühne. Den Abschluss des agilen Auftritts bildet einmal mehr die Bandhymne 'Night Demon'. Das Publikum wirkt im Vergleich zu den „Keep It True“-Fans ziemlich hüftlahm bzw. schafft es wohl auch angesichts der Bullenhitze nicht, den Amis einen lautstarken Empfang zu bereiten: Etwas mehr Enthusiasmus und Feuer seitens der Anwesenden hätten Sänger/Bassist Jarvis Leatherby & Co. verdient gehabt!

Besagte Bullenhitze macht allen zu schaffen, auch Nemtheanga gibt zu Protokoll, sein Hirn fühle sich frittiert an, bevor es mit DREAD SOVEREIGN auf die Bühne geht. Dafür rockt er den Auftritt aber souverän (okay, der war schlecht) groovend runter. Darf Doom überhaupt Spaß machen? Es ist eine düstere Freude, den Iren auf der Bühne zuzusehen. Es ist eine düstere Freunde, diesen furztrockenen, wuchtigen Bass und das teils abgedrehte Gitarrenspiel in '13 Clergy To The Flames' oder dem dezent spacigen 'The Spines Of Saturn' zu hören. Und es ist eine verdammte Freude zu sehen, wie viel Spaß es DREAD SOVEREIGN bereitet, ihr Set mit einem Cover von Venoms 'Live Like An Angel, Die Like A Devil' zu beenden. Da kann eine Ansage wie 'How do you feel? Hopefully more alive than I do' doch gar nicht ernst gemeint sein.

Bereits am Vorabend hat sich DEATHHAMMER-Sänger/Bassist Sergeant Salsten als nongalanter „Beglücker“ des weiblichen Geschlechts erwiesen und man erwartete eigentlich angesichts der Unmengen an Alk, die der Gute intus gehabt haben muss, dass der Auftritt seiner Band am nächsten Tag zumindest etwas darunter zu leiden hat. Doch, welch ein Wunder, DEATHHAMMER legen einen astreinen Auftritt auf die Bretter des „Chaos Descends Festivals“ hin! Nach einem kurzen Hustanfall zum Ende des Soundchecks hin feuern die Norweger ein Thrash-Feuerwerk nach Maß ab: Den Kuttenträger im Publikum freut's, weswegen auch der Jubel lautstark ausfällt. Der Sergeant wirkt wie ein Besessener, wenn er die einzelnen Songs ankündigt und während des Auftritts brilliert er mit seiner Mischung aus sauräudigem Keifen und spitzen Schreien. DEATHHAMMER wirken authentisch und sympathisch, hier geht's schlichtweg um großartige Musik, um nicht mehr, aber auch nicht weniger - definitiv ein Highlight des gesamten Festivals!

Ugh, man hört sie wieder unken. Immer wenn SONNE ADAM auftauchen, gibt es jemanden, der sie als Necros Christos-Abklatsch betrachtet. Ein Umstand, der bei den Verfassern dieses Berichts auf Unverständnis stößt, denn wenn überhaupt ein Einfluss hörbar ist, dann doch eher der wirklich alter Paradise Lost, ohne dass SONNE ADAM die Rolle von Kopisten einnehmen müssen. Tracks wie 'Shine' oder das obligatorische 'Armed With Hammers' bleiben hängen, während man 'We Who Worship The Black' die Rolle d e r SONNE ADAM-Hymne zusprechen kann. Auch wenn das schwere, basslastige Todesblei bei Dunkelheit natürlich besser rüber käme, ist es tageslichttauglich, und mit 'Take Me Back To Where I Belong' liefern die Israelis einen würdigen Abschluss ihrer Performance.

Eigentlich komplett wurscht, dass man seit nunmehr auch schon wieder sechs Jahren sehnsüchtig auf den dritten und letzten Teil der „Absu“-Trilogie wartet: Die Texaner können und dürfen immer gerne ihre wahnwitzigen Live-Rituale zelebrieren! ABSU feiern zudem auch noch das zwanzigjährige Jubiläum ihres Meisterwerkes „The Third Storm Of Cythrául“, weswegen man vermehrt Songs des besagten Drittwerkes zum Besten gibt. Insofern liegt das Hauptaugenmerk auf Songs mit Texten über keltische Mythologie, eingedenk der schottisch / irischen Abstammung von Schlagzeuger/Sänger Proscriptor McGovern. Manch einer wünscht sich an dem Abend etwas mehr ältere Stücke, aber das ist letzten Endes Geschmackssache bzw. Jammern auf enorm hohem Niveau. Nach einigen wenigen Songs überlässt indes Mastermind Proscriptor den Drumschemel einem Mitmusiker, um mit Kopfmikrofon bewaffnet seine okkulten Weisen als „richtiger“ Frontmann gebärden- wie gestenreich dem Publikum näher zu bringen. Natürlich vermisst man dadurch den Wahnwitz des Sängers und Schlagzeugers in Personalunion, aber der Live-Drummer macht seine Sache fast so gut wie der Großmeister selbst, insofern kann alles in allem von einem rundum gelungenen, intensiven Auftritt gesprochen werden, der sicherlich einem Gros der Festival-Besucher noch lange im Gedächtnis bleiben wird!

Gespannt ist man dann auf ( D O L C H ), die mit lediglich zwei Demos und darauf folgender Neuauflage eben dieser Aufnahmen bei Ván Records eigentlich nicht allzu viel Songmaterial vorzuweisen haben. Böse Zungen würden behaupten, dass es sich hierbei um eine weitere Hype-Geschichte handelt. Wie dem auch sei, die Band ist nach dem zu beurteilen was sie auf der Bühne leistet: Und das ist eher mittelprächtig. ( D O L C H ) bemühen nicht sonderlich spektakuläre Slow-Mo-Riffs und bewegen sich stilistisch irgendwo zwischen Doom und ganz langsamem Black Metal. Ausflüge in Nischen der Marke Okkult Rock, Dark Wave, Neofolk oder Industrial werden unternommen, um dem Ganzen mehr Atmosphäre zu verleihen. Leider macht der 08/15-Gesang der Dame hinter dem Mikrofon alle guten Ansätze schnell wieder zunichte. Auch hier gilt - zwei Redakteure, zwei Meinungen. Was ( D O L C H ) da abliefern, ist sphärisch und stimmungsvoll, man kann getrost die Augen schließen und sich fallen lassen, denn zu sehen gibt es eh nichts. Fotos Fehlanzeige, sieht man mal von einem Glücksschuss mit langer Belichtungszeit ab, wo sich das Motiv gerade mal nicht bewegt. Eine Fotografin, die den Blitz auspackt, wird schnell mit einem entsprechenden Kommentar aus dem Publikum bedacht. Dieses Rumgeblitze (am besten noch mit Aufhellblitz) ist aber auch die Pest.

Da ist der Headliner des Samstags schon eine ganz andere Hausnummer: SUNN O))) werden, wie auch schon die Swans vor zwei Jahren beileibe nicht von jedem Festivalbesucher verstanden. Wer sich jedoch offen auf die Musik der US-Amerikaner einlässt, wird schnell von den Untiefen der Drones eingefangen, gefesselt und nie wieder losgelassen. Scheinbar sind an diesem Abend viele Besucher bereit, sich der Musik der Band zu stellen, zumindest ist vor der Bühne so einiges los. Dennoch ist es auch hier möglich, problemlos in die erste Reihe zu gelangen und die Drone-/Doom-Meister aus nächster Nähe zu beobachten. Doch egal ob fast Auge in Auge ganz vorne oder irgendwo weit hinten auf dem Boden liegend: Die Klänge von SUNN O))) gehen durch Mark und Bein, nehmen den Geist mit auf eine Reise ohne Wiederkehr. Über allem schwebt einmal mehr der charismatische, ultratiefe Gesang eines Attila Csihar. Es ist schwer zu sagen, wie lange SUNN O))) eigentlich spielen: Offiziell heißt es, dass die Band von 23.30 bis „open end“ Zeit hat. Doch man befindet sich irgendwie jenseits von Zeit und Raum, ist gefangen von dieser unglaublich intensiven Performance. Das hier ist ganz große Kunst, die in erster Linie gefühlt werden muss, um verstanden zu werden! Eine außergewöhnliche Performance fürwahr, eine emotionale wie sinnliche Erfahrung sondergleichen und ein perfekter Abschluss des diesjährigen Chaos Descends!

Nicht zuletzt auch aufgrund der stimmungsvollen Location war das diesjährige Chaos Descends Festival wieder einmal eine Reise wert: Man wird sehen, ob die erhöhten Zuschauerzahlen lediglich ein Ausreißer sind oder auf eine stete Entwicklung hindeuten - den Organisatoren wäre auf jeden Fall Letzteres zu wünschen. Hinsichtlich der Bandauswahl gab es in diesem Jahr nichts zu mäkeln, Tradition traf einmal mehr auf Avantgarde. Sicherlich gab es im Billing ein, zwei Ausreißer nach unten, aber das ist eigentlich bei jedem Festival der Fall und jedem kann man es bekanntlich ja ohnehin nie recht machen. Insofern: Man sieht sich im Juli 2018…!

Christian Wachter und Endrew Stepan

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