Was ein Wetter, was eine Kulisse! Mit lauschigen 25 Grad und einem unverschämt blauen Himmel erlebt das Greenfield 2017 einen Traumstart. An insgesamt drei Festivaltagen erwartet uns ein Punk Rock-lastiges Line-Up auf der Mainstage, während auf den beiden Nebenbühnen eine wilde Mischung aus mittelalterlichen Fiedlern und dunklen, elektronischen Bands gebraut wird.
Line-Up: GREEN DAY, BLINK 182, IN FLAMES, FIVE FINGER DEATH PUNCH, SUM41, KREATOR, EPICA, COMBICRIST, DELAIN u.v.m.
Besucher: ca. 22.000 pro Tag
Tickets: ab ca. € 190 inkl. Camping
Rahmenprogramm
Wie immer auf dem Greenfield wird auch in diesem Jahr einiges an Drumherum geboten. Der Mittelaltermarkt, der auf dem Campinggelände integriert ist, erfreut sich besonders großer Beliebtheit. Gerade in den heißen Nachmittagsstunden bieten die überdeckten Sitzplätze vor der kleinen Bühne einen gemütlichen Rückzugsort, wo man sich bei einem kühlen Metbier oder einer mittelalterlichen Spätzlepfanne etwas erholen kann. Jäger und Sammler kommen auf den Hauptwegen des Camping- und Festialgeländes richtig auf die Kosten - überall werden Gratismuster verteilt und auch der Nivea-Eincreme-Service sowie die Oropax-Verteiler sind wieder auf Achse.
Frisches Blut
Das Greenfield Festival verpflichtet sich seit einigen Jahren der Nachwuchsförderung. Mit einer Eintrittsgebühr von 20 Franken für VIP-Gäste und Members und dem Becherpfand, welches Besucher spenden können, wird die Kasse der Greenfield Foundation gefüllt, womit das ganze Jahr über Unterstützungsprogramme für kleine Bands angeboten werden. Am Festival findet auch dieses Jahr ein Band Support Day statt, an dem Profis aus dem Rockbusiness wie Tommy Vetterli (Coroner) von ihrer Erfahrung berichten und Fragen beantworten. Des Weiteren werden auch immer Slots an aufstrebende Schweizer Bands vergeben. So durften ÜBERYOU und SECOND FUNCTION am Donnerstag und am Freitag das Programm auf der Hauptbühne eröffnen.
Die Stimmungsmacher
Mit ihrer frühen Spielzeit sind ROYAL REPUBLIC aus Malmö die Könige des Muntermachkommandos. Die fast 30 Grad Außentemperatur haben die Herren zu einem Contest animiert, den sie nun öffentlich austragen. Wer seinen schwarzen Anzug am längsten anbehält, gewinnt. Das Publikum fiebert lautstark mit. Die Schweden sind aber nicht nur optisch schick und humorvoll, sie machen auch musikalisch einiges her. Salonfähigster, feiner Rock - perfekt für diesen sonnigen Festivalnachmittag. Den Titel des Partykönigs holen sich ME FIRST AND THE GIMME GIMMES. Mit ins standardmäßige Line-Up der Punk-Allstars mischen sich für diesen Auftritt auch Jay Bentley von Bad Religion sowie Axel Kurth von Wizo, der aufgeregt zu sein scheint wie ein Zwölfjähriger vor seinem ersten Gig. Auch ohne Zuhilfenahme der Nachmittagshitze bringen sie das Publikum zum Kochen. Nicht weniger Laune machen die DONOTS. Die im Gummiboot crowdsurfenden Fans animieren die Jungs, den Songtext von 'Alles muss kaputt sein' kurzum in 'Alles muss im Boot sein' umzuwandeln. Die Meute ist nicht mehr zu halten.
Ein eigenes Kapitel gebührt GREEN DAY - dem wohlverdienten Headliner des Greenfield 2017. Die Herren sind bereits am Vormittag nach Interlaken gekommen und den ganzen Tag völlig selbstverständlich auf dem Gelände unterwegs gewesen, um sich andere Bands anzuschauen. Kurz nach zehn Uhr abends besteigen sie selbst die Bühne. Etwas früh für die letzte Band des Abends könnte man meinen, doch da wusste noch niemand, dass die Punk-Rocker dort für satte zweieinhalb Stunden verweilen werden. Mit einer ersten Runde Live-Kracher wie 'Know Your Enemy' und 'Holiday' starten sie in den Abend. Schon bald muss das Publikum zeigen, dass es ebenso gut drauf ist - für 'Boulevard Of Broken Dreams' wird jede Stimme benötigt. GREEN DAY-Konzerte sind auch immer eine Chance für Fans, sich selbst einmal als Rockstar zu fühlen. Ein bisschen singen oder Gitarre spielen sollte man aber schon können, wenn auf die Bühne zu Billie will, sonst kriegt man eine Cowbell in die Hand gedrückt. So erging es auch dem Fangirl am Greenfield. Immerhin kriegte sie bei ihrem Bühnenabgang eine von Armstrongs Gitarren zum Üben geschenkt. Die zweite Chance wird dafür umso besser genutzt. Ein Punker kommt auf die Bühne gerannt, schnappt sich Billies Mikrofon und stiehlt den Altstars mit seiner fantastischen Darbietung für einen Moment fast etwas die Show. Dann übernehmen GREEN DAY wieder das Zepter und holen sich mit ihrem Trump-Bashing nochmals ein paar Sympathiepunkte vom Publikum ab. Der lange erwartete 'American Idiot' kommt mit der ersten Zugabe. Krönender Abschluss des Auftritts ist jedoch 'Good Riddance (Time Of Your Life)'. Niemand kann sich dem entziehen, und hätte der Veranstalter sie nicht gestoppt, dann würden sie noch heute spielen. Ein absolutes Highlight!
Abrisskommando
EVERYTIME I DIE nehmen mit ihrer Show alles auseinander, was nicht niet- und nagelfest ist. Gitarren werden in die Lüfte geschmissen, Boxen werden bestiegen und als Sprungbrett missbraucht, und Frontsau Keith Buckley klettert zum Wellenbrecher, um die Fans eigenhändig zum Durchdrehen zu animieren. Der Auftritt von COMBICHRIST auf der Mönchstage macht ebenfalls ordentlich Dampf. Zum brachialen Industrial der Norweger wird so richtig hart gefeiert und getanzt.
Pleiten, Pech und Pannen
SUM 41 - einer der Co-Headliner - spielt am ersten Festivaltag um 17 Uhr auf. Wie erwartet, wird es richtig kuschelig auf dem Gelände. Band und Publikum sind bereit, die Technik befindet sich aber leider noch auf einem Niveau, das nicht mal für eine Schülerbandprobe im ranzigen Keller genügen würde. Das Mischpult der Jungs scheint die europäischen Frequenzen nicht zu mögen. Tonaussetzer machen den Auftritt der Punker zu einem Desaster und für die Zuhörer zu einem echten Hörk(r)ampf. Direkt im Anschluss haben KREATOR soundtechnisch zwar mehr Glück, dafür hat sich der Platz vor der Hauptbühne wieder deutlich geleert. Viele Fans scheinen ein gemütliches Bierchen im Schatten einer rasanten Thrash-Show vorzuziehen. Und es folgt sogleich der nächste Flop. Die Papierstreifen, die beim Intro trotz Gegenwind von der Bühne geschossen werden, verwandeln sich sogleich zum Bumerang und decken anstelle des Publikums die Bühnenkonstruktion ein. So richtig Stimmung will dann auch im Verlauf des Sets nicht aufkommen. Den Vogel schießt allerdings niemand Geringerer als BLINK 182 ab. Die Show ist super langweilig und die Ansagen zum Teil ziemlich peinlich. Dieser Auftritt ist definitiv nicht würdig für einen Festivalheadliner.
Text und Fotos: Kira Appelt und Patricia Lang