Der Leipziger Süden beheimatet mit dem Uniontheater eine der beeindruckendsten Bühnen der Republik. 1912 öffnete das älteste Lichtspielhaus der Stadt seine Türen, die bis heute in der Connewitzer Heinze-Straße so unscheinbar verborgen sind, dass auswärtige Besucher häufig daran vorbeifahren. Umso beeindruckender ist es im Innern: An der Wand hinter der Bühne befindet sich ein großer, aus Reliefs und Pilastern gestalteter Portikus, der schon unzähligen Bands einen ganz speziellen Rahmen gab. Dem gegenüber sind die Ränge im U geformt; darunter ist der Zuschauerraum wie eine große Wanne vor dem Podium eingebettet. Selbst im Dunkeln wirkt alles sehr alt, morbide und auch ein wenig verkommen. Der richtige Charme also für einen guten Konzertabend – insbesondere dann, wenn der Hauptact auch Anleihen aus einer anderen Zeit verspricht.
Den Auftakt des Abends gestaltet mit EMMA RUTH RUNDLE zunächst eine Singer-Songwriterin aus Los Angeles. Ursprünglich als Mitglied von Marriages, was wiederum ein Nebenprodukt von Red Sparrowes ist, tourte sie bereits mehrfach mit den Label-Kollegen von WOVENHAND über die Kontinente. 2014 veröffentlichte die umtriebige Musikerin ihr Solo-Debut „Some Heavy Ocean“ und bespielt seither die Bühne auch allein; beziehungsweise unter zeitweiser Begleitung eines Streichers. Wie man am Abend hört, sind einige Zuschauer eigens dafür angereist und werden von der stimmgewaltigen Kalifornierin nicht enttäuscht.
Nach kurzer Umbaupause betreten schließlich WOVENHAND die Bühne, auf der erwartbar authentisch am Schlagzeug indianischer Federschmuck, am Mikrofonständer ein zerschlissenes Tuch und unter dem Gitarrenständer eine US-Flagge verkehrt herum befestigt sind. Mastermind David Eugine Edwards trägt – selbstverständlich – Stiefel aus Schlangenleder und Cowboyhut mit Feder. Der Americana-Style trügt allerdings. Mit dem ersten Griff in die Saiten zeigt der Ex-16Horsepower-Frontmann nämlich an, wohin die Reise an dem Abend gehen soll. Eigentlich ließ es das jüngste Studioalbum „Star Treatment“ auch bereits vermuten: Kaum etwas ist mehr übrig vom markanten Alternative Country oder Low Folk vergangener Tage. Stattdessen brassen Stromgitarren und weite Keyboardflächen auf das Publikum ein. Edwards treibt seine (neuen) Songs teils so hart und laut in den Raum, dass einzelne Instrumente, wie die eingesetzte Banjola, kaum wahrzunehmen sind. Sicher, das hat eine unglaubliche Energie und ist auch so gewollt. Allerdings spielt sich damit fast alles auf ein und derselben Klangebene ab. Dem Konzert sind so die Höhepunkte genommen, die es braucht, um das Publikum abzuholen. Schade eigentlich, denn Edwards, der extrovertierte „Wanderprediger“ mit seinen schrägen Botschaften, unterhält gewohnt so mimik- und gestenreich, dass man sich den passenden Soundtrack dazu nur wünschen kann.
Text und Fotos: Christian Faludi