Die Ehre gibt sich die One-Man-Show MACABRE DEMISE aus Landshut. Seit 2007 mischt der Inhaber des Labels RTM Productions, Namens Andreas Rieger mit seinem Brutal-Death-Metal die Szene auf. Und wo viele anhand der Tatsache, dass außer Gitarre und Gesang traditionell alles vom Band kommt, gerade in einer Live-Situation das Weite suchen würden, wird auch heute und hier gnadenlos abgefeiert. Der gute Andi gibt sich neben bzw. auf einem Pickup-Truck Hinterteil stehend die Ehre. Dabei führt der Herr die kleine Enzyklopädie des Metal-Posing-Lexikons auf, ist ständig in Bewegung und göbelt bzw. deibelt herrlich infernalisch ins Mikro. Die ein oder andere Grimasse, ein zufriedenes Grinsen bzw. humorvolle Ansagen bleiben hier selbstredend nicht außen vor. MACABRE DEMISE haben neben Bodenständigkeit, Spaßfaktor und Lokalbonus aber einfach die große Trumpfkarte, packende Riffs und sofort ins Blut gehende Songs aufzufahren. Der im letzten Drittel der Show heraufziehende Wolkenbruch tut sein Übriges, damit sich alle sonst über den Parkplatz verstreuten Konzertbesucher rund um den überdachten Außenbereich des Clubs versammeln und dem Brutal-Death-Metal huldigen. Die Guest-Vocals die Franz Hoffmann (Ex-Carnal Disfigurement/Extremely Rotten) bei einem Stück beisteuert, können sich wirklich ebenfalls hören und sehen lassen. Hut ab! Zum Ende kündigt der Bandkopf noch eine „Ballade“ an. Und dieses Mal meint er es sogar ernst. So wird das düstere, schleppende und schön atmosphärische `Darkness` am Ende sogar ganz besonders beklatscht. DAS nennt mein eine von A-Z gelungene Anheizer-Show.
Nachdem sich die Meute mit köstlichen, zum selberbauen bzw. vollendenden Burgern aus dem Food-Truck vor der Halle gestärkt hat, gibt es im Konzert-Innenbereich kurz vor der besten Sendezeit weiter auf die Lauscher. Die Gourmet-Thrasher HEATHEN steigen gleich mit dem Eröffnungs-Doppel `The Blight` und `Empire Of The Blind` von der letzten Platte ein. Während des ersten Stücks ist der Sound noch arg holprig und die Musiker hören sich (untereinander) kaum, danach sind aber alle Knöpfen passend gedreht und der Triumphzug kann eingefahren werden. Fehlt das Charisma und die Bühnenpräsenz des verhinderten Riffmeisters Lee Altus? Absolut! Allerdings macht seine Vertretung Kyle Edissi einen höllisch guten Job und hat sichtlich Spaß an der Sache. Der 25-jährige Kanadier ist sonst mit den Melodic-Thrashern Invicta aktiv und weiß insbesondere was seine Solo-Parts betrifft, durchaus einige Akzente zu setzen. Ansonsten wird auch Onstage heute wieder deutlich, dass Klampfer Kragen Lum (Psychosis) wichtiger und wichtiger für HEATHEN wird. Auch beim letzten Album hatte er Songwriting-technisch schon einiges mitzureden. Heute entwickelt er sich zu einem der Blickfänger und Aushänge-Schilder der Band. Was der gute hier locker-lässig an rassiermesserscharfen Riffs und Feelings-Soli zum niederknien Abfeuert, ist einfach Königsklasse bzw. Champions-League. Hut ab! Die zweite Identifikationsfigur der Bay-Area Helden ist natürlich Sänger David White. Er ist ständig in Bewegung, prächtig bei Stimme und genießt sichtlich den euphorischen Zuspruch und Heerscharen an Bangern sowie Mitsingern vor der Bühne. Während dem neueren Stück `Arrows Of Agony` wird deutlich, dass Mr. White einen Tick tiefer als noch vor 10-15 Jahren singt. Dies steht im aber wirklich sehr gut zu Gesicht. `Goblins Blade` stellt dann die Oldschool-Fraktion zufrieden, eh es mit dem atmosphärischen `Sun In My Hand` einen weiteren Track vom letzten Longplayer „Empire Of The Blind“ zu hören gibt. Für den Chorus des folgenden Klassikers `Death By Hanging` wird die Crowd liebe-/humorvoll präpariert und der Saal kocht. Dazu passen auch die saunaartigen Temperaturen, die wirklich den Schweiß von der Decke tropfen lassen. Einer wahren Killer-Show setzt dann am Ende noch der unsterbliche Übersong `Hypnotized` die Krone auf. Die meisten anderen Bands die nach dieser Machtdemonstration auf die Bühne müssen, hätten nun „Angst“. Aber hey, wir sprechen schließlich von EXODUS!
Nachdem die für den Verfasser dieser Zeilen beste Thrash-Metal-Band der Welt u. a. durch Mr. Holts Aktivitäten mit Slayer viel zu lang auf den Saitenhexer verzichten musste, ist es eine wahre Freude Gary heute wieder mit seiner Hauptband auf der Bühne zu sehen. Nach `Kicked In The Teeth` von AC/DC als Intro, wird allen Anwesenden mit `The Beatings Will Continue (Until Morale Improves) ` erst mal die Frisur nach hinten geföhnt. Was für ein BRUTALER Einstieg bei herrlich drückendem Sound! Gary Holt fetzt wie ein besessener über die Bühne und spielt nicht nur während dem folgenden Klassiker `A Lesson In Violence` so auf als ginge es um sein Leben. Und jedes Mal ist man als Zuschauer erneut geplättet von der unglaublichen Tightness von EXODUS. Und dies, obwohl Lee Altus (HEATHEN) ja auch hier für Live-Shows temporär ersetzt werden musste. Diesen Job erledigt der 30-jährige The Black Dahlia Murder Gitarrist Brandon Ellis mit Bravour. Davon konnte sich der Rezensent zuletzt auch bereits auf dem Masters Of Rock Festival überzeugen. Nicht nur, dass der gute ständig in Bewegung ist und Propeller-Banging-Orgien veranstaltet. Nein, er schafft es auch zusammen mit Mr. Holt ein wirklich packendes Gitarren-Duo zu bilden. Bassist Jack Gibson ist nun auch schon seit 1997 dabei und hat sich die Inventar-Nummer nicht nur anhand seiner knackigen Backing-Vocals und Gangshouts mehr als verdient. Und was ist mit Zetro? Mr. Souza spuckt nicht nur während der Dreifaltigkeit `Blood In, Blood Out`, `The Years Of Death And Dying` sowie dem ultra-brutalen `Clickbait` Gift und Galle, ist spürbar mit dem Herzen bei der Sache und sucht ständig den Blickkontakt mit den ersten Reihen. Man hat Steve wirklich schon wesentlich unmotivierter und unnahbarer erlebt. Erinnern wir uns zum Beispiel an die ein oder andere Show während der „Tempo Of The Damned“ Tour. So macht das Laune und Cham frisst dem Frontmann aus der Hand. Ebenfalls sehen lassen kann sich seine Jeans-Kutte, welche liebevoll mit Old- und New-School Metal-Patches bestückt ist. Was auf der aktuellen Tour überdeutlich wird ist, dass `Deathamphetamine` sich als absolutes Highlight in der Setlist herauskristallisiert. Dies auch Dank der Tatsache, dass Sänger Zetro so richtig Bock hat diesen Hassbatzen aus der Rob Dukes Zeit zu singen. Und was ist mit Drummer Tom Hunting? Er sieht optisch richtig gut, muskulös und durchtrainiert aus. Und wer mit dem Trommler zuletzt gesprochen hat konnte sich auch davon überzeugen, dass Tom mental voll auf der Höhe ist und vor Enthusiasmus, Dankbarkeit und Lebensfreude nach überwundener Krebserkrankung nur so sprüht. Er lässt sich auch nicht nehmen, in einer Songpause mal nach vorne zu gehen und zum Thema Krebs ein paar Worte an die Fans zu richten. TOP! Der Hit `Blacklist` wäre eigentlich von einer EXODUS-Show kaum mehr wegzudenken. Ebenso ungern verzichten wir auf den Klassiker `Piranha`, der heute herrlich räudig performt wird. Die erste große Überraschung ist, dass mit `Only Death Decides` vom vergessenen und sträflich unterbewerteten „Impact Is Imminent` Album im Set steht. Für willkommene Abwechslung sorgt im Anschluss das düster-atmosphärische, etwas getragenere Stück `Prescribing Horror`, welche außerordentlich gut beim Publikum ankommt. Ein tiefer Atemzug und ab in den Circle-Pit! Band und Crowd pushen noch mal das Energielevel nach oben und drehen zu `Bonded By Blood` völlig am Rad. Auch die vorherrschenden Temperaturen, welche einer finnischen Sauna gleichen, können den von `Blackened` (Metallica) und `Raining Blood` (Slayer) Riffspielereien eingeleiteten `The Toxic Waltz` nicht aufhalten. Wer dann noch steht und moshen kann, mobilisiert zur Abrissbirne `Strike Of The Beast` die allerletzten Energiereserven und flippt völlig aus. Es soll Augenzeugen zufolge auch zu Schuhverlusten im Circle-Pit gekommen sein. Der Betroffene möchte aber anonym bleiben und hat das Schuhwerk später wieder übergeben bekommen. EXODUS sind ein wenig sprachlos ob der unglaublichen Fanreaktionen und kehren sichtlich ungeplant erneut auf die Bühne zurück, um mit `Beating Around The Bush` (AC/DC) noch eine Extra Zugabe auszupacken. Besser geht Good Friendly Violent Fun nicht!
Text: Markus Wiesmueller
Fotos: Rock`n`Fucking-Roll Pictures