Ein weiterer Pluspunkt ist heute aber, dass mit der klassischen Heavy-Metal-Band NIGHT DEMON weit mehr als eine Vorband Teil des Pakets ist. Die mittlerweile kampferprobten und in der Metal-Szene kollektiv respektierten und geschätzten Amis haben sich in den letzten Jahren Live gesteigert und lassen vom Eröffnungs-Duo 'Ritual' und 'Full Speed Ahead' gleich mal gar nichts anbrennen! Wirklich sehr energetisch, spielfreudig und leidenschaftlich geht das Trio zu Werke. Die Band kann bereits auf zwei Alben zurückgreifen, streut aber live bekanntlich immer wieder mal gerne ein Cover ein. So ist es heute das nicht ganz ausgespielte 'Overkill' von Motörhead, welches die Meute entzückt.
Nicht nur während 'The Howling Man', 'Heavy Metal Heat' und 'Cursed Of The Damned' sind Sänger und Tieftöner Jarvis sowie sein Klamper-Kumpel Armand ständig in Bewegung, posen und Bangen was das Zeug hält. Dabei fahren sie trotzdem das Maximum an Power und Tightness auf, was sicherlich auch mit der astreinen Performance von Trommler Dustin zu verdanken ist. NIGHT DEMON kommen prächtigst an, wodurch ihnen spätestens zur Mitte des Sets wirklich alle anwesenden aus der Hand fressen und sich ein feiner Moshpit entfacht. 'Screams In The Night' ist und bleibt ein unwiderstehlicher Mega-Ohrwurm mit Diamond Head Spirit, den man sobald gehört einfach nicht mehr aus dem Kopf bekommt. 'The Chalice' und 'Darkness Remains' halten das Stimmungslevel auch Dank des über die Bühne huschenden Reapers, ehe das sehr gelungene Iron Maiden Cover 'Wasted Years' dann endgültig alle Dämme brechen lässt. Dies ist keine Anheizer-Show, sondern mindestens eines Co-Headliner-Status würdig. Daher ist es klasse, dass NIGHT DEMON wirklich vollen Sound und Licht auffahren durften – also nicht künstlich „gebremst“ wurden. So lange Bands wie diese in der Szene „nachwachsen“, brauchen wir uns keine Sorgen um die Zukunft des Heavy Metal machen. Horns up!
Arizona‘s finest Thrashers profitieren natürlich immens davon, dass das Backstage bereits bestens eingegroovt ist, als sie mit 'Divide & Conquer' von der neuen Platte fulminant los legen. Im Vergleich zu den Sommer-Shows in Europa, wirken SACRED REICH noch besser eingespielt, noch hungriger sowie noch stärker als Einheit agierend. Die nach eigener Aussage längste Tour in der Geschichte der Band, hat die Musiker nicht entzweit oder zermürbt, sondern den Amis scheinbar einen zusätzlichen Schub verpasst. Die Tightness während 'The American Way' und dem live voll durch die Decke gehenden sowie mit einer eindeutigen „be the change you wanna see“ Ansage von Mr. Rind versehenen 'Manifest Reality' gleicht einem Schweizer Uhrwerk. Der gerade mal 23-jährige Neuzugang Joey an de Klampfe bangt und schneidet Grimassen wie ein ganz Großer, bearbeitet seine Gitarre höllisch aggressiv und wie ein besessener. Dies ergänzt sich gut mit dem herausragenden, scheinbar in sich ruhenden aber sehr passionierten Leadgitarristen Wiley, der manchmal völlig in sich versunken die feinsten Gourmet-Soli bzw. Leads abfeuert. So auch während dem Klassiker 'One Nation' und dem unwiderstehlichen Titelstück der neuen Scheibe – nämlich 'Awakening'. Es ist unüberhörbar, dass sich Sänger und Bassist Phil stimmlich im Vergleich zu früher gesteigert hat. Seine Stimme gleicht einem guten Wein und scheint mit dem Alter immer kräftiger, klarer und flexibler zu werden. Vielleicht wurden hier auch ein paar Stunden Gesangsunterricht investiert? Wer weiß! 'Love… Hate' wird heute jedenfalls mit einer Hingabe und Spirit gesungen, wie man sie selten erlebt hat. Ein absoluter Glücksgriff für die Thrasher ist auch die Rückkehr von Drummer Dave McClain. Insofern müsste man Egomane „little Robert“ für den Überlauf von Machine Head ja fast dankbar sein – aber nur fast! Dave begeistert jedenfalls mit seiner kraftvollen, aber gleichzeitig sehr variablen und in groovigen als auch schnellen Passagen total überzeugendem Performance nicht nur während des von ihm mit komponierten 'Free' auf ganzer Linie.
Das Klassiker-Doppelpack 'Crimes Against Humanity' und vom Publikum angestimmten 'Who's to Blame' verfehlt seine Wirkung keineswegs. Das Backstage kocht, der Moshpit ist entfacht und es sind Singalongs en Masse auszumachen. Was für eine Stimmung! Das Altstück 'Ignorance' packt dann noch mal so richtig die Thrash-Keule aus, was mit den ersten Stage-Divern des Abends quittiert wird. Anschließend geht die Combo mit dem Trio 'Salvation', dem vor positiver Engergie nur so strotzendem 'Independent' sowie dem mit feinen Solo-Farbtupfern versehene 'Killing Machine' bewusst vom Gas. Die Setlist ist wirklich enorm vielseitig und abwechslungsreich gestaltet. Einziger Wermutstropfen, der ein oder andere große Klassiker ('Sacred Reich') oder selten gehörte Track von „Heal“ ('Low') muss heute leider außen vor bleiben.
Es kommt so wie es kommen muss – das große Finale: Killer-Riffs stangenweise mit dem Übersong 'Death Squad', gefolgt von dem größten Hit von SACRED REICH – nämlich 'Surf Nicaragua' Dies bedeutet Headbanger-Orgien, Pogo-Pit, Stage-Diver und Crowdsurfer. Unter Letztere mischen sich auch die mit SM-Maske verkleideten NIGHT DEMON Musiker sowie deren Reaper Himself. Besser kann ein Thrash- bzw. Heavy-Metal-Konzert nicht ablaufen. Die Bands fahren heute einen Triumphzug seines gleichen ein und verkaufen verdienterweise im Anschluss dann auch mehr als ordentlich Merchandise. Wow – alle Daumen nach oben!
Text: Markus Wiesmüller
Fotos: Anastasiya Wiesmüller