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Die Norwegerin machte bereits nach dem Konzert auf dem Münchener „Under The Black Moon“-Festival einen ungemein gelösten, sympathischen Eindruck: Darauf angesprochen, dass der Schreiberling ihre Antworten fürs Interview angesichts des gefährlich nahe heranrückenden Deadline-Termins relativ schnell erhalten müsste, meinte Heidi, dass die Fragen zwar erst einen Tag vor dem Auftritt in der bayerischen Hauptstadt bei ihr eingegangen waren, sie sich jedoch umgehend nach ihrer Rückkehr in die skandinavische Heimat dransetzen und antworten werde. Gesagt, getan – einen Tag später waren ihre Antworten tatsächlich im E-Mail-Fach des Verfassers dieser Zeilen. Neben PRISTINE hat Heidi übrigens auch noch ein Pop-Projekt sowie mit Dinosaus eine Band, die Kinderlieder zum Besten gibt, am Laufen. Dabei gibt sich die umtriebige Dame quasi als „Selfmade-Frau“, wurde doch das 2016er PRISTINE-Album „Reboot“ noch komplett in Eigenriege veröffentlicht. Nunmehr stehen die Norweger beim Branchen-Riesen Nuclear Blast unter Vertrag. „Ja, dort einen Plattendeal zu unterschreiben war eine der größten Entscheidungen, die ich jemals fällte und es fühlt sich alles ziemlich aufregend an! „Reboot“ stellte das Ergebnis einer sehr fruchtbaren Zusammenarbeit zwischen meinem Management, dem Cargo-Vertrieb und einem großartigen PR-Agenten dar. Ohne sie hätte ich diese Scheibe nie und nimmer herausbringen können! Die ersten beiden PRISTINE-Scheiben wurden ausschließlich in Norwegen veröffentlicht, und als Anfang 2016 „Reboot“ erschien, wurden auch Leute im Ausland auf uns aufmerksam. Wenig später kontaktierten uns Nuclear Blast. Das sind großartige Leute dort, sehr nett und mit Leidenschaft bei der Sache: Deswegen freue ich mich darauf, mit ihnen noch viele Jahre zusammenarbeiten zu können! Mir ist bewusst, dass Nuclear Blast ursprünglich eigentlich ein Metal-Label war, aber das macht mir gar nichts aus. Ich denke, dass es wichtig ist, in diesem Business offen für alles zu sein, dann kann man auch Erfolg haben. Zudem sind wir bei derselben Plattenfirma wie Dimmu Borgir, das ist schon WIRKLICH cool!“

Wenden wir uns nunmehr dem neuen PRISTINE-Album „Ninja“ zu, das im Osloer Propeller Studio sowie im Studio von Andreas Mjø aufgenommen wurde und dessen Cover von einem gewissen Peter Möller angefertigt wurde. „Das Artwork ist wirklich cool – rein objektiv gesehen natürlich, haha! Dem Cover wohnt ein gewisses Retro-Feeling inne und kommt allerdings nicht so farbig wie die unserer vorangegangenen Scheiben daher. Und ich verrate nicht zu viel, wenn ich sage, dass es auch auf einem T-Shirt abgedruckt gut was hermacht!“ Steigen wir nunmehr etwas tiefer in die lyrische Komponente von „Ninja“ ein: Mit etwas ganz Alltäglichem setzt sich Heidi beispielsweise im Text zu 'Sophia' auseinander: „Es geht darin um das Jagdrevier des Datings, aus der Perspektive eines Mädchens gesehen, wie Gold und Diamanten manche blenden und die Sicht manch anderer klären können. 'You Are The One' behandelt indes das Thema Teenager-Jahre: Das Erwachsenwerden war für mich eine ganz schön schwierige Zeit, da ich nie fühlte, dass ich irgendwie zum Rest der grauen Masse passe. Das besagte Stück handelt von mir, wie ich erwachsen werde und herausfinde, dass es vielleicht ganz gut war, dass ich anders als die anderen war.“

'Ghost Chase' und 'Jekyll & Hyde' behandeln jedoch entgegen der Songtitel keine übernatürlichen Begebenheiten, arbeitet Heidi hier doch viel mehr mit Metaphern. „Übernatürliche Fähigkeiten und Ereignisse haben mich gleichwohl schon immer fasziniert. „Ich glaube alles“ sage ich immer und die unbekannten Dinge im Leben weckten richtiggehend meine Neugier. Aber in 'Ghost Chase' geht es nicht wirklich darum, sondern um Menschen, die es nötig haben, sich gegenüber anderen überlegen zu fühlen. Das sind Leute, die ständig andere herumkommandieren, einfach weil sie dieses Gefühl der Macht und Wichtigkeit brauchen. De facto sind sie allerdings einfach nur Marionetten ihrer eigenen Dämonen und Geister. Bei 'Jekyll & Hyde' geht es darum, einen Weg zu finden, um all die unterschiedlichen Versionen des eigenen Selbst so ins Gleichgewicht zu bringen, dass man weiterhin stark bleibt.“

'Forget' und 'Ocean', die letzten beiden Stücke von „Ninja“, wurden von Heidi während einiger äußerst düsterer Augenblicke geschrieben, weswegen sie sich diesbezüglich stark ähneln. „Ich werde ziemlich leicht davon heruntergezogen, wenn ich sehe, zu was Menschen fähig sind und was wir letzten Endes überhaupt sind. Das schlägt mir ziemlich in die Magengrube und wann immer ich die Dunkelheit sehe, die in manchen Leuten vorherrscht, möchte ich einfach den „Pause“-Knopf drücken. Man kann überall mit so etwas konfrontiert werden und das ist verdammt erschreckend! Manchmal verliere ich einfach den Glauben an die Menschheit selbst, wenn ich sehe, wie wir uns in Bezug auf andere Menschen und uns verwandte Geschöpfe verhalten. Dann werde ich immer richtig traurig und schreibe Songs darüber, dass ich von diesem Zug am liebsten abspringen würde…!“ Die Inspiration findet zu Heidi zu jeder Zeit, an jedem erdenklichen Ort. „Manchmal höre ich einfach nur Redewendungen und Wörter, die meine Aufmerksamkeit erlangen. Da liegt dann in deren Klang, Gefühl oder in deren Bedeutung etwas das ich mag. Es gibt auch Situationen, die ich erlebe und verarbeiten möchte, indem ich sie in Wörter kleide. Dann wiederum können mich Menschen, die ich treffe, faszinieren oder in gewisser Hinsicht bewegen. Wie im Song 'Parade': Dort geht es um einen Jungen, mit dem ich aufwuchs. Er war der Star hier in unserem Ort und jeder wollte mit ihm zusammen sein. Ich wuchs in einem sehr kleinen Dorf auf und allein die Tatsache, dass dieser Kerl ein eigenes Auto hatte, obwohl er gerade mal 18 Jahre alt war, war eine große Sache: Man wird damit quasi automatisch zum Rockstar…!“

Für die Zukunft hofft Heidi zunächst mal auf extensive Konzertreisen. „Es gibt einfach nichts Vergleichbares als wenn man alte wie neue Fans trifft! Demnächst stehen einige Festivals an, wie das „Burg Herzberg“-Open-Air in diesem Sommer beispielsweise. Im September werden wir dann allerdings länger auf Tour gehen, wir werden dann ein Monat lang unterwegs sein und die meisten Dates finden dabei auf deutschem Boden statt. Darauf freuen wir uns schon wirklich sehr!“

Text: Christian Wachter

Foto: Marius Fiskum / www.facebook.com/Pristineband