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Die Stimmung, die sich im textlichen Gesamtkonzept von „The Whitecrow“ wiederspiegelt, ist durchweg positiver Natur. Dies gilt nicht allein für die gesprochenen Worte, die gegen Ende des Albums zu hören sind… Bruno überlässt es ganz dem Einzelnen, Zugang zu seinen Lyrics zu finden: „Ich glaube, dass, wenn die Fans die Möglichkeit haben, alle Texte zu lesen und wenn sie willens sind, ihnen die nötige Aufmerksamkeit entgegenzubringen, sie ihrer Bedeutung unmittelbar gewahr werden.“ Wie bereits das Vorgängeralbum “Heretic Commando – Rise Of The New Antichrist” wird auch „The Whitecrow“ wieder bei Einheit Produktionen erscheinen. Selbst wenn die Plattenfirma sonst eher für Veröffentlichungen in der Schnittmenge zwischen Folk und Black Metal bekannt ist, fühlen sich HYPNOS dort wohl, wurden zwischen der tschechischen Gruppe und dem ostdeutschen Label doch bereits vor geraumer Zeit enge Bande geknüpft: „Der Hauptgrund, weshalb „Heretic Commando“ 2012 bei Einheit veröffentlicht wurde, war, dass ihr Chef Olaf ein langjähriger Freund von mir ist, der bereits mit seiner vorherigen Plattenfirma Morbid Records (die 2006 das Zeitliche segnete) Krabathor respektive HYPNOS unter Vertrag nahm. Er unterstützte mich nach Leibeskräften. Wir wissen beide, dass Einheit eher den Pagan / Folk Black Metal – Markt bedienen und dass wir besser zu einem Label passen würden, das sich auf Death Metal spezialisiert hat, aber um ehrlich zu sein, kämpfen Plattenfirmen heutzutage aufgrund rapide sinkender Verkaufszahlen ums nackte Überleben und wollen keine kleineren Bands wie uns mehr unter Vertrag nehmen. Olaf akzeptierte es damals wie jetzt, das Risiko einzugehen und die Scheibe einer Todesblei – Gruppe herauszubringen. Ich bin ihm sehr dankbar dafür, weil er das Label so führt wie ich das ebenfalls brauche. Sie arbeiten mit den wichtigen Medien und Vertrieben zusammen und diese absolut grundlegende Form der Unterstützung sagt mir sehr zu. Darüber hinaus sind es Deutsche und Deutschland ist ein wichtiger Markt für mich. Wir hoffen beide, dass wir uns für unser neues Album nicht schämen brauchen und ich werde mein Bestes geben, damit Einheit die Anstrengungen, die damit verbunden sind nicht bereuen werden!“ Der Status, den HYPNOS in ihrem Heimatland indes innehaben, wird offenbar, wenn man bedenkt, dass die Gruppe anno 2005 für den „Andel“-Preis nominiert wurde, der als tschechisches Pendant zu den berühmten Grammy-Awards gilt. Als Death Metal – Musiker müsste einem die Ehre, die einem durch eine derartige Auszeichnung zuteil wurde, eigentlich eher befremden. „Das ist schon schwer einzuordnen“ pflichtet Bruno bei. „Ich kämpfe mit mir, ob ich dies nun als Ehre ansehen soll oder ob ich diesen Preis eher „verachte“, weil „Metal Awards“ als Genre-Auszeichnungen seit jeher immer etwas ignoriert wurden. Aber vielleicht denke ich jetzt so darüber, weil wir letzten Endes diesen Preis nicht gewinnen konnten, haha?! Tatsache ist jedoch, dass diese Awards in der Tschechei den „Genre-Gewinnern“ nicht allzu viel helfen, außer dass man daraufhin auf den Bildschirmen des öffentlich-rechtlichen Fernsehens zu sehen ist. Darüber hinaus kündigte die Firma, die diesen Preis vergibt, im Dezember an, dass sie künftig ohnehin davon absehen wird, diese Awards zu organisieren, weswegen ich diesbezüglich nicht weiß, was die Zukunft bringen wird.“ Fest stehen dürfte jedoch, dass HYPNOS in ihrem Heimatland etwas mehr im Blickpunkt der Öffentlichkeit stehen als anderswo. Bruno wiegelt ab: „Hm, ich kann nicht gerade sagen, dass wir eine bekannte Band sind, selbst wenn ich das gerne behaupten würde, haha!“

Zwischen Ostalgie und staatlicher Gängelung

Beschäftigen wir uns nun nochmal mit Brunos weiterem Betätigungsfeld, seiner alten Liebe Krabathor: Über die 2013er Reunion der Todesblei-Pioniere aus der Tschechischen Republik wurde in Ausgabe #107 bereits ausführlich berichtet, nun tauchen wir jedoch noch mal ein in die Zeit vor dem Niedergang des Eisernen Vorhangs. Konfrontationen zwischen Band und der Staatsmacht des real existierenden Sozialismus gab es auch im Fall von Krabathor, wie Bruno bestätigt: „Ja, aber wir hatten etwas weniger Probleme als andere Gruppen wie beispielsweise Arakain oder Insania. So gab es Regeln für Formationen, die vorhatten, live aufzutreten. Man musste einige Prüfungen ablegen und diverse Genehmigungen seitens der Regierung einholen. Natürlich hatten auch wir „doppelte Texte“, echte sowie speziell welche für das Establishment. Eine der wenigen Aktionen seitens des Staates, die wir über uns ergehen lassen mussten, fand beispielsweise damals statt, als wir nach Prag fuhren, um unser erstes Konzert zu geben (das war anno 1988 die “Death Metal Session II“ mit etwa 1.600 Zuschauern): Auf dem Weg vom Bahnhof zum Auftrittsort wurden wir von der Polizei etwa fünfmal kontrolliert. Aber an diesem Tag war auch der Jahrestag der Studentenunruhen und unser Aussehen erregte Verdacht. Mittlerweile fand ich auch heraus, dass unsere Genehmigung fürs Livespielen, die wir eine Weile bevor ich mich der Armee anschloss erhielten (man musste sich damals für 24 Monate dem Militärdienst verpflichten), auf Befehl der Geheimpolizei wieder zurückgenommen wurde. Aber ich habe keinen Beweis dafür. Kurz danach griff die Samtene Revolution um sich und das Regime brach schlussendlich zusammen. Bis zum heutigen Tag ist dies eines der wichtigsten Ereignisse in meinem Leben, die Tore hinaus in die Welt öffneten sich!“ Natürlich war selbst eingedenk der schlechten Erfahrungen im real existierenden Sozialismus damals nicht alles schlecht: Eine „Ostalgie“ im Rückblick auf jene Tage verspürt Bruno allerdings nur bedingt. „Weißt Du, jeder findet es gut, sich jener guten, alten Zeiten zu erinnern, in denen er jung war, aber ich mag jeden Teil meines Lebens und ich genieße auch das Hier und Jetzt. Ich tu das was mich glücklich und zufrieden macht und ich weiß, dass ich mich eines Tages an die gegenwärtigen Tage mit derselben Art Nostalgie zurückerinnern werde.“ Die Metalszene hinter dem Eisernern Vorhang stand in den 80ern für eine unglaubliche stilistische Vielfalt: Tschechische Bands wie beispielsweise Root, Törr, Tudor oder Master`s Hammer musizierten fernab gängiger Vorbilder aus dem Westen, auch in Ungarn (Pokolgép, Tormentor, Ossian etc.) oder Polen (u.a. Kat, Turbo, Exorcist) gab`s Unmengen an eigenständigen, kultigen Formationen. „Auch wir standen mit Gruppen wie Terminator oder Root beispielsweise in Kontakt, diese Bands kamen ganz aus unserer Nähe. Später bestanden auch Kontakte zu Arakain. Während des kommunistischen Regimes hatten wir jedoch keinerlei Kontakt zu ausländischen Gruppen, das passierte erst etwas später, als wir anfingen, an jede uns bekannte ausländische Adresse zu schreiben und Tonnen an Flyern mitzuschicken.“

200 Seiten Text, 200 Seiten Bilder… 200 Jahre Bruno?

Derartige Erfahrungen hat Bruno nicht zuletzt auch in seiner Autobiografie „Revoltikon“ niedergeschrieben, die allerdings leider erstens mittlerweile restlos ausverkauft ist und zweitens in tschechischer Sprache geschrieben wurde. Man kann jedoch auch ohne Tschechisch-Kenntnisse an dem Buch durchaus Gefallen finden, finden sich doch zuhauf Fotos darin. „Etwa 200 Seiten Text stehen 200 bebilderte Seiten gegenüber!“ Auch für ausländische Fans wäre es cool, wenn der Inhalt von „Revoltikon“ in einer Art DVD-Dokumentation für die Nachwelt festgehalten werden würde. Anreichern könnte man den Streifen auch mit frühem Bootleg-Material von Krabathor und dergleichen… „Ja, über so etwas haben wir uns schon mal Gedanken gemacht“ gesteht Bruno. „Aber, um ehrlich zu sein, würde ich hunderte Stunden in so ein Projekt investieren. Darüber hinaus würde ich dafür mehrere tausend Euro benötigen, die ich allesamt aus meiner eigenen Tasche berappen müsste. Und wenn so eine Doku mal veröffentlicht ist, wird sie bereits am nächsten Tag oder vielleicht sogar schon vorher im Internet als freier Download erhältlich sein und nicht viele Leute würden dem Ganzen Aufmerksamkeit schenken. Derzeit kümmere ich mich täglich um sämtliche Belange HYPNOS betreffend, darüber hinaus nehme ich das „Revoltikon“-Hörbuch auf, während ich immer noch damit beschäftigt bin, mein altes Haus zu sanieren. Dann gibt’s da noch meinen normalen Alltagsjob und ein bisschen privates Familienleben: Um derlei Ziele wie die eben genannten zu verwirklichen müsste ich wohl 200 Jahre alt werden!“ Konkrete Pläne für Live-Auftritte von HYPNOS, um „The Whitecrow“ anständig zu promoten, gibt’s laut Bruno noch nicht. „Dennoch buche ich gerade Konzerte für 2017, im Moment haben wir etwa zwanzig Dates fest vereinbart. Leider gibt es in diesem Jahr noch keine Shows in Deutschland oder der Schweiz, weswegen ich hoffe, dass sich dieser Umstand, wenn unser neues Album erst mal draußen ist, ändern wird und einige Promoter ihr Interesse an uns bekunden.“ Abschließend wollen wir noch auf die Namensgleichheit von HYPNOS mit der gleichnamigen 70er-Rock-Gruppe aus Schweden eingehen. Wenngleich die Tschechen eindeutig länger im Underground operieren, fahren die Skandinavier derzeit vermehrt Erfolge ein. Die Gefahr der Verwechslung dürfte angesichts der von Grund auf unterschiedlichen Szenen, in denen sich die beiden HYPNOS bewegen, allerdings eher weniger gegeben sein. Insofern würde es wenig Sinn machen, würden Bruno & Co. auf das Recht des Älteren respektive der länger existierenden Gruppe bestehen und die Schweden dazu bewegen, ihren Namen zu ändern. „Darüber mache ich mir gar keine Gedanken! Ich habe keine Rechte an diesem Wort und es ist die freie Entscheidung dieser Gruppe, sich so zu nennen. Ab und an kucke ich nach, was sich bei ihnen tut und ich sehe, dass sie sehr erfolgreich sind. Und Popularität trägt dazu bei, die Band nach oben oder nach unten zu katapultieren. Ich erinnere mich daran, dass ich vor etwa 15 Jahren ziemlich enttäuscht war, weil sich die US-Death-Metal-Combo Incubus wegen einer anderen Gruppe mit demselben Namen in Opprobrium umbenannte, die sehr jung war, aber sehr erfolgreiche Mainstream-Mucke zockte.“

 

Text: Christian Wachter

Foto: www.facebook.com/HypnosCZ