"Jedes weitere Album markiert für uns einen Neubeginn, wir gehen da völlig unvoreingenommen ran. Natürlich haben wir unseren etablierten Sound und recht konkrete Vorstellungen davon, wie wir unsere Ideen umsetzen können, aber davon abgesehen ist alles offen. Bezüglich der neuen Scheibe glaube ich allerdings, dass sie so klingt, wie sie klingt, weil sie während der Pandemie entstand. Zu dieser Zeit gab es keine Möglichkeit, Konzerte abzureißen, also ist „Sky Void Of Stars“ ein eher live-orientiertes Album ohne allzu viele Schnörkel, die sich schwerlich auf die Bühne übertragen ließen. Wir haben ja keine Gelegenheit bekommen, die Stücke von „City Burial“ vor Publikum zu spielen, und leben die Sehnsucht danach gewissermaßen mit den neuen Sachen aus.“
Das rhythmisch vertrackte Einstiegsstück 'Austerity' geht mit ebenso ausdrucksvollem Refrain wie Gitarrensolo noch am ehesten in die Richtung des vorigen Albums, doch schon der gemütlich zockelnde Rocker 'Colossal Shade' weist mit subtilem Keyboard-Unterbau und elegischem Refrain den Weg in eine straffer strukturierte Version von KATATONIA. Das treibende 'Birds' und das relativ ruhige 'Drab Moon' bilden zwei Gegenpole eines Albums, das letzten Endes um große Hooklines kreist – meistens gesungen von einem stimmlich hervorragend aufgelegten Jonas Renske. „Das ist einfach so passiert, ich habe beim Komponieren nicht bewusst darüber nachgedacht, sondern einfach drauflos gesungen, wenn mir etwas Gutes einfiel. Die Gesangslinien wurden also nicht konstruiert, daher rührt vielleicht der Eindruck, ich würde irgendwie besser singen. Es hat aber wahrscheinlich mehr damit zu tun, dass ich überwiegend in meiner natürlichen Tonlage bleibe. Außerdem sind die Songs tendenziell schneller und Gitarren-lastiger, da rückt meine Stimme ein wenig in den Hintergrund.“
Hinzu kommen außerdem vermehrter Mellotron-Einsatz wie in 'Impermanence' und futuristische Synthesizer-Klänge in 'Sclera'. 'Author' wartet hingegen mit einleitendem E-Piano und ungewohnt hellem Gesang auf, der sehr wohl im Mittelpunkt steht, selbst wenn im Chorus bleischwere Riffs donnern. Auch das orchestral unterlegte 'Atrium' rückt schließlich die Vocals in den Brennpunkt. Den Titel hat sich Renske aus den Inhalten mehrerer Songtexte erschlossen. „Ich verwende häufig Stern-Metaphern, singe über erlöschende Lichter und dergleichen. Der Titel fiel mir eines Tages einfach so ein – der Himmel ohne Sterne ist dunkel, und Dunkelheit ist das, wofür dieses Album steht. Nichts Neues also, weil wir ja schon immer über die Schattenseiten des Menschseins geschrieben haben.
Nach dem längeren Finale 'No Beacon To Illuminate Our Fall', das trotzdem Licht am Ende des Tunnels suggeriert, enthalten die Sondereditionen des Albums noch den Bonustrack 'Absconder'. Das Artwork stammt von einem italienischen Künstler, stand bei Drucklegung des Hefts noch nicht zur Verfügung und soll dem Frontmann zufolge sehr detailreich sein, wobei Vinyl und CD jeweils unterschiedliche Covers erhalten werden. Dies passt trefflich zu einer Platte, deren Lieder geschickt und vielschichtig arrangiert wurden, ohne dass das Ergebnis überladen wirken würde. KATATONIA-Fans dürfen sich auf frisch wie vertraut wirkende Musik freuen, auf die wir in der kommenden Legacy-Ausgabe gründlicher eingehen werden.
Andreas Schiffmann
facebook.com/katatonia
Albumtitel: „Sky Void Of Stars“
Label: Napalm
Veröffentlichung: 20. Januar