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Keine Frage, der Japaner hat im Laufe der Jahrzehnte mit seinem unermüdlichen Erzeugen trippig-düsterer Soundlandschaften so gut wie nie mal eine längere Pause eingelegt. Auch zum Zeitpunkt des vorliegenden Interviews ist der charismatische Asiate laut eigener Aussage vielbeschäftigt. Um im nachfolgenden Artikel dem Phänomen Kawabata Makoto etwas näher zu kommen, muss man zunächst erst mal die Zeit in die seligen 70er Jahre zurückdrehen und beleuchten, wie der Protagonist zum ersten Mal überhaupt mit Rock sowie experimentellen Klängen in Berührung kam. „Als ich zehn oder elf Jahre alt war, hörte ich Stockhausens elektronische Sounds im Radio und etwa ein Jahr später entdeckte ich durch meine Freunde Rockmusik. Als ich diesen beiden völlig unterschiedlichen Genres lauschte, kam mir die Idee, den allercoolsten Rock vom Schlage Deep Purple, Led Zeppelin etc. mit zeitgenössischen elektronischen Klängen zu verbinden. Denn zum damaligen Zeitpunkt vermochte ich derartige Musik nicht zu finden, weshalb ich beschloss, sie selbst zu spielen! Leider wusste ich jedoch nicht, wie man ein Instrument bedient, noch hatte ich damals überhaupt Instrumente! Das Erste was ich daraufhin also zusammen mit meinen Freunden tat, war, Instrumente zu bauen.“

1978 war es dann so weit: Kawabata rief die experimentelle Gruppe ANKOKU KAKUMEI KYODOTAI (DARK REVOLUTION COLLECTIVE) ins Leben, die sich später in BAROQUE BORDELLO umbenannte und bis 1983 existierte. Wenngleich die damaligen Aufnahmen lediglich in kleineren Kreisen zirkulierten wurde ein Großteil des Materials im Laufe der folgenden Jahrzehnte neu aufgelegt. „Ende der 70er gründete ich das unabhängige Kassetten-Label R.E.P., worüber ich binnen drei Jahren etwa 40 Titel auf den Markt brachte. Zirka um das Jahr 2000 herum legte ich davon etwa 20 Titel auf CD-R neu auf. Zudem wurden unsere frühen Aufnahmen von der italienischen Plattenfirma Qbico auf LP wiederveröffentlicht. Auf meinem Soundcloud-Account sind einige Soundsamples von ANKOKU KAKUMEI KYODOTAI (DARK REVOLUTION COLLECTIVE)/BAROQUE BORDELLO zu finden.“

Musikalisches Happening mit Mönchsgesängen

Ein Jahr nach dem Ende von BAROQUE BORDELLO gründete Makoto EROCHIKA, die Elemente traditioneller japanischer Musik mit der spirituellen Kultur seines Heimatlandes verbanden. Bis 1992 war Kawabata in der Formation aktiv. „Als ich EROCHIKA ins Leben rief, wollte ich ‚echten‘ japanischen Rock machen. Für die Musik wollte ich jedoch nicht auf traditionelle Instrumente oder Rhythmen zurückgreifen. Mir ging es eher um japanische Melodien im Einklang mit westlichem Rhythmus, das war mein Konzept! Allerdings fand ich heraus, dass ich mich nicht darum zu sorgen brauchte, diesen Sounds einen japanischen Anstrich zu geben. Denn schließlich bin ich Japaner, in mir fließt japanisches Blut, weswegen meine Musik bereits von Natur aus eine typisch japanische Methode verinnerlicht hat. Britischer Rock verfügt über eine sehr britische Atmosphäre, amerikanischer Rock über eine sehr amerikanische, deutscher, französischer, italienischer, türkischer etc. etc. Die Musik all dieser unterschiedlichen Länder ist sehr von ihrer Herkunft geprägt! Demzufolge stimmt deine obige Aussage nicht wirklich, denn eigentlich benötige ich für meine Kunst keinerlei Inspiration aus Japan, das ist von Natur aus schon tief in mir drinnen und wird letzten Endes durch meine Musik ausgedrückt!“

Von 1987 bis 1992 begann Makoto, mit Jazzern und Improvisationskünstlern zusammenzuarbeiten. Zudem schrieb, arrangierte und führte er ein Stück für 100 buddhistische Mönche der Shingon-Sekte auf, die im Rahmen dessen Sutren rezitieren mussten. „Uh, das war schon vor so ungemein langer Zeit, daran kann ich mich nicht mehr so gut erinnern! Generell gesehen muss ich jedoch sagen, dass ich weder Buddhist bin noch an irgendwelche anderen Religionen glaube. Mich hat es lediglich interessiert und gereizt, im Rahmen eines musikalischen Happenings hundert Mönchsgesänge erklingen zu lassen!“

Auch als spirituellen Menschen würde sich Kawabata nicht bezeichnen wollen, zumindest nicht wenn beim Wort „spirituell“ religiöse Konnotationen mitschwingen. Der Japaner verweist auf seine unmittelbar davor gegebene Antwort. „Grundsätzlich gesagt suche ich für mich persönlich eher nach der „Wahrheit dieses Universums“, aber ich würde das jetzt keineswegs als Religion bezeichnen!“

Der Sprung über den Ozean

In den 80ern fing Makoto zudem an, Kontakte zur japanischen Beatnik-Kommune zu knüpfen. Dabei empfand der Asiate nie das Bedürfnis, selbst Poesie oder Prosa verfassen zu müssen. „Ich bin schließlich Musiker und schreibe keine Bücher! Was meine Aktivitäten anbelangt, so bin ich an ‚Wörtern‘ nicht interessiert! Ich schreibe regelmäßig meinen Blog, aber dieser ist lediglich dazu da, um meine Musik zu promoten. Irgendjemand fragte mich mal, ob er diesen Blog nicht in Buchform veröffentlichen könne, aber ich habe dazu immer entschieden Nein gesagt!“ Trotzdem las Makoto zumindest als Teenager Romane der klassischen amerikanischen Beat-Poeten wie Jack Kerouac, Allen Ginsberg oder William S. Burroughs. „Ich konnte dafür etwas Sympathie aufbringen, aber irgendwie sagte mir das alles nicht wirklich zu, denn im Vergleich zu diesen Autoren hatte ich einen vollkommen anderen sozialen, historischen oder rassischen Hintergrund.“

Insbesondere zu dem japanischen Beat-Poeten Nanao Sakaki und dem Beat-Sänger Uchida Bob baute Makoto Kontakt auf, Anfang der 90er Jahre gab es diverse Auftritte mit den erwähnten Künstlern. „Von den Mittachtzigern an pflegte ich gewisse Beziehungen zu den beiden, das ist richtig. Aber ich habe mich dann für einen anderen Weg entschieden, insbesondere weil ich seit meinen Kindertagen Gruppenaktivitäten gegenüber skeptisch eingestellt bin!“ 1993 reiste Kawabata nach New York, um zunächst als Straßenmusiker etwas Geld zu verdienen. Dies war dann in etwa auch die Zeit, in der es ihm vermehrt möglich wurde, mit seiner Musik ebenso Leute außerhalb seines eigenen Heimatlandes und Kulturkreises zu erreichen. „Das Jahr 1994 war sozusagen der Startschuss, zu Menschen außerhalb Japans vorzudringen. Als ich ein Jahr davor beschlossen hatte, in New York zu bleiben, spielte ich immer im Washington Square Park. Allerdings zockte ich dort nur, um Geld für Essen, Trinken, die Hotelmiete und Konzerttickets zu verdienen.“

Mikrostück des Universums

Japan scheint generell ein guter Nährboden für abgedrehte, experimentelle Musik zu sein. Neben Makoto mit seinen zahlreichen Projekten denke man nur an Künstler wie Keiji Haino, Merzbow, Masonna oder Boris, die allesamt auch international für Aufsehen zu sorgen vermochten. „In meinem Heimatland ist es jedoch zu schwierig, in der Underground-Szene Geld zu verdienen. Deswegen zog es viele japanische Musiker in der Vergangenheit in andere Länder. Je schlimmer die Situation ist, desto disziplinierter und stärker werden die Musiker!“ Die Tatsache, dass aus Japan zuhauf avantgardistische Künstler kommen auf die dort vorherrschende Kultur oder Gesellschaft zurückzuführen, ist dagegen ein Ansatz, von dem der Großmeister nichts hält. „Wir Underground-Musiker hatten uns einfach seit unserer Jugendzeit mit vielen ähnlichen Genres beschäftigt, denn es mussten ja sämtliche Tonträger immer erst importiert werden. Der soziale, historische oder rassische Background dieser Klänge war da zunächst erst mal vollkommen egal, denn wir konnten das einfach als das genießen was es ist: Musik!“

Haben nun jene Zeitgenossen recht, wenn sie die Welt (nach oftmals althergebrachten Maßstäben und Klischees) in „Ost“ und „West“ aufteilen? Jene (gemeinhin „östlich“ geprägte) Denkweise, dass die Welt vielmehr eine zusammengehörige Existenz darstellt, die zufällig halt aus Millionen unterschiedlicher Arten von Menschen, Tieren, Pflanzen etc. besteht erscheint diesbezüglich vielleicht näher an der Wahrheit dran zu sein als von Menschen geschaffene (Auf-)Teilungsmechanismen. „Ich habe mal ein Buch eines abendländischen Professors gelesen, wo es drin hieß: „Es gibt zwei Arten von Menschen in der Welt - Japaner und den Rest!“ Im Laufe meines Lebens vermochte ich schon fast die gesamte Welt zu bereisen und dieser Aussage kann ich definitiv zustimmen! Generell gesehen kümmere ich mich nicht um diese unsere Welt. Ich bin kein Rassist, aber ich bin mir sicher, dass es gewisse ‚Klassifikationen‘ oder ‚Stämme‘ der menschlichen Rasse gibt. Wir alle haben unterschiedliche Ursprünge, Bräuche, Religionen, Gesellschaften und müssen einander respektieren!“ Ist Makoto also dann sozusagen ein „Weltbürger mit japanischen Wurzeln“? „Natürlich, ich wurde in Japan geboren und wuchs dort auf, weswegen das mit den „japanischen Wurzeln“ schon so stimmt. Zudem bin ich jedoch auch ein „Mikrostück des Universums“!“

Netzwerk für Aussteiger

1995 rief Makoto mit ACID MOTHERS SOUL COLLECTIVE und ACID MOTHERS TEMPLE & THE MELTING PARAISO U.F.O. zwei seiner bekanntesten sowie in vielerlei Hinsicht produktivsten Betätigungsfelder ins Leben. „Wenn unterschiedliche Konzepte vorliegen, sollte man zwei unterschiedliche Projekte ins Leben rufen, das empfinde ich als durchaus normal! Das ACID MOTHERS SOUL COLLECTIVE ist jedoch nicht wirklich eine Musikgruppe, sondern in der Tat, wie der Name schon sagt, eine Art Seelenkollektiv. Dies lässt sich jedoch ebenso nicht mit den Hippie-Kommunen der 60er Jahre vergleichen, sondern stellt eher eine Art Netzwerk für Aussteiger aus der Gesellschaft wie uns dar. ACID MOTHERS TEMPLE & THE MELTING PARAISO U.F.O. sind indes eine Musikgruppe.“

Ende der 90er gründete der gebürtige Japaner die Hard-Rock-Gruppe NISHINIHON, die allerdings wenige Zeit später schon wieder aufgelöst wurde. „Unser Schlagzeuger Ichiraku zog sich aufgrund gesundheitlicher Probleme zurück, auch Tsuyama hörte mit Bassspielen auf und wechselte an die Gitarre. Tsuyama Atsushi war der eigentliche Kopf von NISHINIHON und spielte auch von 1997 bis 2015 bei ACID MOTHERS TEMPLE & THE MELTING PARAISO U.F.O.. Seine Band Psyche Bugyo führt mittlerweile NISHINIHONs musikalisches Konzept fort und hat bereits schon vier Alben veröffentlicht.“ 2001 hatte Makoto die Ehre, zusammen mit GONG und The Orb in der prestigeträchtigen Londoner Royal Festival Hall aufzutreten. „Das war ein wichtiges Ereignis, weil ich backstage mit Bandgründer Daevid Allen sprechen konnte. Dies war sozusagen dann auch der Startschuss für ACID MOTHERS GONG.“

Zwei Jahre später schloss sich Kawabata der schräg-experimentellen Kultgruppe GONG als Gitarrist an. Der Japaner hatte dabei zum erwähnten gebürtigen Australier Daevid Allen eine ganz besondere Verbindung. „Genau, denn er war bereits seit meinen Teenagertagen einer meiner Lieblings-Rockmusiker! Ursprünglich war angedacht, die Band YOU'N'GONG zu nennen, aber Daevid wechselte kurz vor Veröffentlichung des Albums „Acid Motherhood“ anno 2004 den Namen der Formation wieder zu GONG. Nach dem Ende dieser Gruppe hielten wir unsere Freundschaft aufrecht, weswegen wir eine neue Combo namens ACID MOTHERS GONG ins Leben riefen. Und noch vor meinem Einstieg bei GONG damals hatten wir zusammen übrigens eine Gruppe namens GURU & ZERO ins Leben gerufen.“

Zehn-Stunden-Jams und „neue“ Musik

2005 trat Makoto im Rahmen eines weiteren Projektes namens FLOWER MAN in Osaka auf, wo er einen Song mit einer unglaublichen Spieldauer von zehn (!) Stunden aufführte. „Der Ex-Boredoms-Gitarrist Yamamoto Seiichi und ich hatten schon seit geraumer Zeit die Idee zu diesem Lied. Endlich konnten wir das damals verwirklichen und brachten einen einzigen, zehnstündigen Track, natürlich am Stück, dar! Der Song war total improvisiert, die ersten zwei Stunden spielten wir beispielsweise nur auf D! Irgendjemand nahm dieses Konzert auf, aber wer kann sich schon so eine lange Live-Jamsession überhaupt anhören?!?“

Mitte der 2000er fand zudem die eine oder andere Zusammenarbeit mit Omar Rodriguez Lopez und anderen Musikern von The Mars Volta statt. Diese war jedoch nicht so innig wie vermutet: „Sie luden uns nur einmal zum Festival von ATP Records ein, wo ich die Jungs das erste und einzige Mal traf. Ich kenne sie also nicht sehr gut. Als wir das Angebot erhielten, wussten wir rein gar nichts von The Mars Volta, wir kannten vorher noch nicht mal ihren Namen! Darüber hinaus habe ich ohnehin kein Interesse an jedweder ‚neuer‘ Musik nach 1983! Dann gab's noch eine andere Show zusammen mit Damo Suzuki, Charles Hayward, Omar Rodriguez Lopez und mir.“

Bei ACID MOTHERS GURU GURU GONG trat dann neben Makoto und Daevid Allen auch bezeichnenderweise Mani Neumeier, der Frontmann der deutschen Krautrock-Helden Guru Guru, in Erscheinung. 2009 spielte die Formation bei der „Zappanale 20“ in Deutschland. „Zappa ist ein sehr großer Einfluss für mich, er ist mein Lieblingsmusiker, speziell als Gitarristen bewundere ich ihn! Dabei mag ich eigentlich nur seine frühe Schaffensperiode mit den Mothers Of Invention. Ich schätze ihr Konzept, dass Musik Humor braucht, wirklich sehr!“

2009 kam es ebenso zu einer weiteren Zusammenarbeit der besonderen Art, zeichnete Makoto doch für den Remix des Albums „Chicken Switch“ der US-amerikanischen Melvins verantwortlich. „Plötzlich unerwartet erhielt ich damals eine Scheibe und eine Nachricht von ihnen, denn ich hatte zuvor noch nicht mal was von ihnen gehört! Ich kannte ihre Musik nicht, nur ihr Name war mir ein Begriff und ein Foto von ihnen hatte ich schon mal irgendwo gesehen. Und bis zum heutigen Tag habe ich die Band bis dato noch nicht mal live erlebt!“

Ein guter Radioempfänger

Im Laufe seiner Karriere als Musiker hatte Kawabata mehrere Male Gelegenheit, mit Tänzern zusammenzuarbeiten. Zudem erschuf der Japaner Soundtracks zu diversen Filmen. Insofern möchte man meinen, dass Makoto neben Musik auch an anderen Kunstformen wie Tanz und Kino sehr interessiert ist bzw. einer Verschmelzung dieser Ausdrucksmöglichkeiten zumindest nicht ablehnend gegenüber steht. „Das ist von Fall zu Fall unterschiedlich. Ich persönlich denke, dass Musik einfach nur Musik ist. Grundsätzlich gesehen braucht Musik keine speziellen visuellen Bilder, deswegen mag ich diese Kunstform auch so sehr! Jede Person kann sich anhand von Klängen in ihrem Kopf eigene Bilder vorstellen. Und diese Bilder können mannigfache Formen annehmen. Wenn Musik jedoch mit irgendwelchen festgelegten, spezifischen Ausprägungen wie dem Tanz, Filmen etc. kooperieren soll, ist die Ausgangslage eine ganz andere. Deswegen hege ich auch Interesse an Soundtracks!“

Immer wieder werden im Zusammenhang mit Werken Kawabata Makotos Begriffe wie „Trip-Musik“ oder „Acid Rock“ verwendet. Der Japaner glaubt indes nicht, dass diverse bewusstseinserweiternde Mittelchen die eigene Kreativität fördern können. Hinsichtlich der Philosophie hinter seiner Kunst fällt zunächst das Wikipedia-Zitat ins Auge: „Musik ist für mich weder etwas das ich erschaffe noch eine Form des Selbstausdrucks. Alle Arten von Klängen existieren überall um uns herum und meine Auftritte bestehen einzig und allein daraus, jene Klänge aufzugreifen, genau wie ein Radioempfänger, und sie wiederzugeben, damit die Menschen sie hören können.“ Makoto versucht diese Sichtweise näher zu erklären: „Musik ist Musik, die ganze Welt ist bereits voll davon, man denke in diesem Zusammenhang nur mal an Radiowellen! Für mich benötigt es keinerlei Kreativität, um Musik zu erschaffen. Ich versuche einfach, ein guter Radioempfänger zu sein, um Klänge einzufangen und sie mittels meines Körpers für andere Menschen abzuspielen. Wenn man so denkt gibt es keinen Raum für Dinge wie Persönlichkeit oder Kreativität. Das Wichtigste ist schlichtweg die Reinheit der ursprünglichen Musik des Universums!“

Angesichts dieser Ausführungen ist es nachvollziehbar, dass in der Welt Makotos herkömmliches Songwriting nicht existiert. „Ich höre fortwährend Musik, die aus meinem Kosmos kommt. Wenn ich von dort keine Musik mehr empfange, höre ich einfach auf zu spielen, so simpel ist das!“

So viel wie möglich arbeiten

Da Kawabata ständig in allen Teilen der Welt unterwegs ist und in schöner Regelmäßigkeit neues Material aufnimmt, könnte man ihn auch als “Nomaden der Neuzeit” bezeichnen. Es scheint fast so, als befände sich Makoto auf einer Mission, um ein höheres Ziel zu erreichen. „Ich denke nicht, dass man meinen Lebensstil als nomadisch beschreiben kann. Musiker ist mein Beruf, das ist für mich das Natürlichste der Welt, genauso wie es das für einen Tiefseefischer ist. Mein restliches Leben dürfte auch nicht mehr so lange dauern, deswegen muss ich binnen dieser begrenzten Zeit noch so viel wie möglich arbeiten!“

Was waren nun nach Ansicht von Makoto die inspirierendsten Projekte und beeindruckendsten Musiker, mit denen der Japaner im Laufe der Jahrzehnte zusammenarbeiten konnte? „Daevid Allen, Rosina de Peira, Richard Youngs, Tatsuya Nakatani, Träd, Gräs & Stenar, Geoff Leigh, Simeon von den Silver Apples, Nik Turner, Mani Neumeier, darüber hinaus könnte ich zudem noch viele japanische Musiker aufzählen...“

Sein erstes Konzert anno 1979 bezeichnet Makoto dabei als inspirierendsten Live-Moment seiner Karriere. „Meine erste Band ANKOKU KAKUMEI KYODOTAI trat in einem abgedunkelten Raum in meiner damaligen Schule auf. Wir spielten auf handgefertigten Instrumenten und benutzten einen Roland System-100-Synthesizer. Das Publikum bestand zwar nur aus einigen wenigen Leuten, aber das war der Auslöser für mich, live aufzutreten. Die Aufnahmen, die während des besagten Gigs angefertigt wurden, erschienen übrigens später im 21. Jahrhundert via Qbico auf LP, hahaha!“

Voraussichtlich im Herbst dieses Jahres wird man Kawabata Makoto auch wieder auf deutschen Bühnen bestaunen können… „Sofern ich dann überhaupt noch unter den Lebenden weile!“, gibt sich der Meister pessimistisch. Fraglich auch, ob es hierzulande viele Zeitgenossen gibt, die die Musik des Japaners verstehen. Einige der Einflüsse Makotos sind dabei unter anderem Krautrock oder Karlheinz Stockhausen, weswegen Kawabata selbst vermutlich schon ein gewisses Faible für Deutschland und seine Künstler haben müsste. Des Weiteren wäre da ja noch die bereits erwähnte Zusammenarbeit des Asiaten mit Mani Neumeier bei ACID MOTHERS GURU GURU… „Hm, zunächst einmal muss ich sagen, dass für mich persönlich das Image Deutschlands eher auf Techno als auf Krautrock gründet… Keine Ahnung, ob ihr Deutsche mich mehr verstehen werdet, als das anderswo der Fall ist! Denn wenngleich ich mit ACID MOTHERS TEMPLE seit 1996 jedes Jahr in Europa live gespielt habe, habe ich diesbezüglich Deutschland, und davon speziell den ehemaligen westlichen Teil, etwas vernachlässigt. Darüber hinaus ist bis dato bei noch keiner deutschen Plattenfirma ein ACID MOTHERS TEMPLE-Album erschienen, selbst wenn wir bereits schon so viele Scheiben in so vielen anderen Ländern herausgebracht haben!“

Ohne großartige weitere Erklärungen fliegt Kawabata Makoto nach dieser kurzen Audienz dann wieder zurück in sein eigenes Universum. Selbstverständlich kann ein Interview mit einem allumfassenden, extrem produktiven Künstler wie ihm nur unvollständig sein und allenfalls einen groben Überblick über sein musikalisches Schaffen und seinen Werdegang geben. So wurden an dieser Stelle viele Projekte bewusst ausgelassen, sonst hätte man leicht und locker hunderte Fragen mehr stellen können. In diesem Sinne bleibt nur noch die Vorfreude auf ein paar hoffentlich stattfindende Deutschland-Dates des Meisters im Herbst…

http://acidmothers.com/

Foto: www.facebook.com/acidmotherstempleofficial