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Laut Veranstalter Roland „Bogo“ Ritter ist das Tagesfestival einst daraus entstanden, dass die Amerikaner von Six Feet Under regelmäßig im Dezember in der Spinnerei auftraten und sich mit mehreren eher kleineren oder lokalen Bands die Bühne teilten. Im letzten Jahr wurde das Konzept, auch in Ermangelung des Headliners, geändert und insgesamt namhafter bestückt. So sorgten 2022 unter anderem Purgatory, Master und Schirenc Plays Pungent Stench für einen denkwürdigen Abend. Auch heuer ist die Marschrichtung wieder klar: hart, härter, am härtesten. Death Metal ist und bleibt die Grundrichtung, garniert mit etwas Black Metal. So bildet das diesjährige Line-Up im Gerüst das Package der aktuellen „30 Year Anniversary Processions“-Tour von BELPHEGOR, die zusammen mit den Russen von ARKONA und Alex Krulls ATROCITY nach Ostdeutschland gereist sind. Als Ersatz für die verhinderten, eigentlich angekündigten Confess sind heute die Ungarn von MONASTERY mit an Bord. Und mal ganz locker wird obendrauf noch das niederländische Death-Doom-Flagschiff ASPHYX als Headliner gesetzt. Kein Wunder also, dass die Hütte mit reichlich 500 Leuten gut gefüllt ist und die Metalheads teils von weit her angereist kommen.

Um 19 Uhr geht es dann los, und MONASTERY eröffnen den Angriff auf die Nackenmuskulatur. Das kurze anfängliche Abtasten endet damit, dass die Ungarn gleich zu Beginn mit einer Bolt Thrower-Hommage daherkommen und damit natürlich für Freude im schon gut gefüllten Rund sorgen. Die eigenen Brutal Death Metal-Songs modernerer Ausrichtung, die immer mal wieder mit melodischen Gitarren und verspielten Parts aufgelockert werden, können das Level dann folgend nicht ganz halten. Dennoch ein solider Opener.

Monastery.MP

MONASTERY

Anschließend kommen ATROCITY auf die Bühne. Alex Krull hat viel Energie in den Backen und sichtlich Spaß, hier vor Ort zu spielen. Er beschwört die alten Zeiten mit legendären Konzerten in diesem Landesteil und freut sich, viele Bekannte und Freunde getroffen zu haben. Die Angstmacherei der Politik wird angeprangert und der Zusammenhalt der Metal-Family beschworen. ATROCITY haben einen besseren Sound als noch MONASTERY erwischt, und allein mit Herrn Krulls Bühnenpräsenz kann man nochmal ein Scheit nachlegen. Musikalisch war und ist ATROCITY mit all den vollzogenen Stilwechseln eine Band, die immer etwas polarisiert hat. So ist das auch heute hier vor allem bei den Old School Death Metallern im Rund nicht jedermanns Sache. Die Band gibt sich spieltechnisch alle Mühe, und der angethrashte Death Metal kommt immer dann am besten, wenn man nicht zu sehr vom Pfad der Tugend abweicht. Neue Sachen wie ‚Fire Ignites‘ oder ‚Bleeding For Blasphemy‘ bestehen neben alten Krachern der Marke ‚Fatal Step‘. Das symphonisch unterlegte ‚Reich Of Phenomena‘ ist dagegen zumindest heute als Rausschmeißer eher weniger geeignet, da sich bereits während des Liedes viele Leute im hinteren Bereich bei den Merch-Ständen tummeln. In diesem Teil der Halle ist übrigens auch Martin van Drunen des Öfteren anzutreffen und wird zum beliebten Selfie-Motiv.

Atrocity.MP

ATROCITY

Die Überraschung folgt mit ARKONA. Bei dem Billing eher als Exoten einzustufen, schaffen es die Russen, flächendeckenden Jubel in der Halle hervorzurufen. Dies liegt einerseits daran, dass man den Schunkel-Folk Metal der Anfangsjahre hinter sich gelassen hat und mittlerweile wesentlich düsterer, ernster und tiefgründiger unterwegs ist, und andererseits an der Intensität, mit der ARKONA ihre Songs interpretieren. Die Songs des neuen Albums „Kob“ erschaffen eine mystische, naturverbundene Atmosphäre. Fronterin Masha ist der Blickfang und Mittelpunkt auf der Bühne und liefert einen intensiven, überaus präsenten Auftritt ab. Der Pagan Metal des Quartetts findet jedenfalls großen Anklang unter den Anwesenden, und ARKONA können einen vollen Erfolg verbuchen.

Arkona

ARKONA

Anschließend wird es voll auf der Bühne. Das BELPHEGOR-Set wird aufgebaut mit Holzkreuzen, Feuerschalen, Tierschädeln und überdimensionalen abgenagten Eisbeinknochen. Schön besinnlich und vorweihnachtlich. Allerdings übertreibt es das österreichische Black-Death-Kommando im Folgenden mit dem Kreieren von okkulter Atmosphäre. Reichlich zehn Minuten kündet ein Intro vom (hoffentlich) baldigen Kommen der vier Herren, was dann doch etwas zu viel des Guten ist. Anschließend folgt – Achtung – das nächste Intro… aber dann schreiten Helmuth und seine Mannschaft herbei, und der leichte Unmut ist vergessen. Klarer Sound und viel Nebel untermalen das infernalische Treiben auf der Bühne. Man ist perfekt eingespielt, und die ca. einstündige Show, inklusive brennendem Schädel, Feuer und Theatralik, sorgt für viel Begeisterung im Rund. Allgemein ist die Setlist ziemlich abwechslungsreich ausgefallen, und vor allem die langsameren, intensiven Stücke wie ‚Virtus Asinaria – Prayer‘ oder ‚Der Lichtbringer‘ bringen den Saal zum Kochen. Aber auch Geschosse der Marke ‚Conjuring The Dead‘, ‚Belphegor – Hell’s Ambassador‘ oder ‚Lucifer Incestus‘ treffen ins Schwarze.

Belphegor 3.MP

BELPHEGOR

Anschließend könnte der Kontrast nicht viel größer sein. So abweisend und kalt BELPHEGOR auf der Bühne sind, so kumpelhaft und volksnah kommen ASPHYX herbei. Bereits zum Soundcheck wird viel gescherzt und mit dem Publikum interagiert. Nachdem man diesen absolviert hat, verabschiedet sich Martin und seine drei Mitstreiter mit der Information: „Wir gehen kurz schiffen und kommen gleich wieder. Alte Männer und die Prostata!“, nur um kurz darauf unter großem Jubel erneut die Bühne zu erklimmen. Gerade in Ostdeutschland hat die niederländische Deathwalze eh immer Heimspiel, was Martin auch entsprechend zu würdigen weiß. Der Sound ist am Anfang nicht der Brüller, und einige Feedbacks schleichen sich ein. Spätestens beim dritten Song ‚Death… The Brutal Way‘ wird dies aber deutlich besser. Dem kürzlich verstorbenen Bandfreund Quint Meerbeek von Bodyfarm wird gedacht, der ‚Deathhammer‘ natürlich geschwungen, und der mal wieder nicht fahrenden Deutschen Bahn wird ‚We Doom You To Death‘ gewidmet. Reichlich eineinhalb Stunden wird Death Doom vom Feinsten aufgefahren von einer sichtlich gut aufgelegten Band, die keinem mehr was beweisen muss und der das Publikum aus der Hand frisst. ‚Wasteland Of Terror‘, ‚Scorbutics‘, ‚The Rack‘ – jeder Schuss ein Treffer. Als man kurz nach ein Uhr standesgemäß mit ‚Last One On Earth‘ unter großem Jubel das Set beendet, hinterlassen ASPHYX eine abgekämpfte, aber glückliche Meute.

Asphyx 2.MP

ASPHYX

Fazit: Ein rundum gelungener Abend in Glauchau, wie auch nicht anders zu erwarten. So darf man sich jetzt schon auf die 2024er Auflage des X-MASS IN HELL-Festes freuen.

Text & Fotos: Patrick Steinbach