PRONG @ COLOS-SAAL, ASCHAFFENBURG – 02.08.2026
Zwischen den großen Festival-Shows geben sich die Crossover/Groove/Thrash/Industrial-Metal-Großmeister PRONG für eine Handvoll ausgewählter Club-Shows die Ehre. Aschaffenburg ist eine dieser raren Stationen, zu der im Rahmen von „31 Years of Cleansing“ eine amtliche Setlist von 2+ Stunden angekündigt wird. Durch geschichtliche Faktoren sowie die Lage unweit von Hessen können sich Gourmets unweit vom lässigen Colos-Saal Club einen feinen Handkäs mit Musik und leckeres Faust-Bier reinpfeifen. „Ebbelwoi“ alias Apfelwein gibt es sogar im Venue, was hilft zu verschmerzen, dass der heute geplante Opening Act VLAD IN TEARS mal eben nicht auftritt. Zum Hintergrund gibt es zu viele Gerüchte und gefährliches Halbwissen, weswegen wir das mal unter den Tisch fallen lassen.
PRONG haben ein neues hübsches „Cleansing“-Backdrop und gehen pünktlich um 20:30 Uhr auf die Bühne. Mastermind Tommy Victor wird heute onstage von Bassist Christopher „Dean“ und Drummer Tyler Bogliole unterstützt. Das längste Set der Bandgeschichte startet phänomenal mit dem Übersong 'Beg To Differ', dem sofort das Altstück 'Senseless Abuse' von „Force Fed“ hinterhergeschoben wird. Der Sound ist fett und gut abgemischt, weswegen die gut 400 Anwesenden von Teenagern bis zum in Würde ergrauten Dad sofort auf Betriebstemperatur gebracht werden. Während 'One Outnumbered', dem Schmankerl 'Unfortunately' von „Rude Awakening“ sowie 'Out Of Misery' bestätigt sich weiter, dass das Trio bestens eingespielt ist und wirklich höllisch groovt. Tommy sieht unglaublich gesund und fit aus. Irgendwie scheint er einfach nicht zu altern und sieht sogar vitaler und jünger als vor 10–15 Jahren aus. Die wiederholten Vaterfreuden scheinen dem Sänger wirklich gutzutun. Die Band bleibt mit 'Corpus Delicti' (rarer „Cleansing“-Bonus-Track), 'No Question', 'Broken Peace', 'Home Rule' und 'Test' nun für einen längeren Block beim Klassiker „Cleansing“, der 2024 sein 30-jähriges Jubiläum feierte. Mr. Victor und Bassist „Dean“ tauschen immer wieder geschickt die Bühnenseiten und sind generell beide stets energetisch in Bewegung. Insbesondere Tommy legt heute eine Spielfreude und Energie an den Tag, die man erst mal aufbringen muss. Dabei wird er des Grimassenschneidens, Grinsens und des Augenkontakthaltens mit den ersten Reihen nicht müde. Drummer Tyler ist wesentlich besser als einige seiner Live-Vorgänger in der Lage, den stoisch-trockenen Groove von Ur-Drummer Ted Parsons live zu reproduzieren. Das verschafft PRONG heute eine Extraportion Punch!
'The Descent' darf anschließend den letzten Longplayer „State Of Emergency“ repräsentieren, um dann wieder eine bunte Rolle rückwärts einzuleiten. Nach dem Klassiker 'For Dear Life' wird 'Disbelief' von der ersten EP ausgemottet. Geil! 'Ultimate Authority' und 'Eternal Heat' von den jüngeren Platten vertragen sich wunderbar mit Evergreens wie 'Sublime' und 'Not Of This Earth' (DIE Killing-Joke-Verbeugung!). Und wenn der Zuschauer denkt, es geht nicht mehr besser, legt das Trio noch mal eine Extraschippe Leidenschaft und Bock drauf – performt völlig entfesselt eine ganze Stange an großen Hits. 'Prove You Wrong', 'Unconditional' und 'Lost And Found' lassen nun den Colos-Saal wirklich völlig überkochen. Obendrauf noch ein Circle Pit zum schnellen Thrasher 'Freezer Burn'. Und Aschaffenburg steht Kopf! 'Cut-Rate' sowie der Jahrhundert-Track 'Rude Awakening' halten das Adrenalin-Level erster Güteklasse. So eine Performance muss man PRONG wirklich erst mal nachmachen. Wow! 'Revenge..Best Served Cold' besteht auf Augenhöhe zwischen den großen Klassikern. Für 'Whose Fist Is This Anyway?' holt Tommy wie gewohnt den Steel Slider raus und geht beim Solo 250 % aus sich heraus. Eine ganz große Rarität wird dann mit 'Inheritance' aufgeführt. Eine nur auf Compilations enthaltene B-Seite mit Killing-Joke-Vibes, die bis zu dieser Tour nie live gespielt wurde. Ein letztes Mal Massen-Ausflippen zu den letzten zwei Stücken 'Another Worldly Device' und dem Hit 'Snap Your Fingers, Snap Your Neck'. Eine total zufriedene Band geht breit grinsend unter frenetischem Applaus von der Bühne. Nur um nach ein paar Minuten noch mal für die Zugabe 'However It May End' zurückzukommen.
Eine bis ins kleinste Detail perfekte Headlinershow, von der sich andere Größen der Szene bzgl. Länge, Tightness, Motivation und Leidenschaft dringend mal eine Scheibe abschneiden sollten. Danke für diesen denkwürdigen Abend, Tommy!
Text und Fotos: Markus Wiesmüller