STONED JESUS, MONDO DRAG, THE ABBEY @ HANSA39, MÜNCHEN – 22.10.2024
Das Feierwerk, Sunnyred bzw. Hansa39 ist und bleibt Münchens beste Konzertmeile, wenn es um besondere Underground Shows abseits der Mainstream Combos geht. Insbesondere im Bereich Hardcore, Punk als auch Stoner/Sludge/Doom, gastieren hier immer wieder wahre Perlen und bockstarke Packages. An diesem schattigen Dienstagabend eine bunte Mischung aus Finnland, USA und Ukraine.
Da es fußläufig vom Venue keine Vorglüh-Möglichkeit gibt, haben es bereits anwesende recht eilig pünktlich um Einlass die Halle zu entern um sich das erste Bierchen hinter die Binde zu kippen. Den Anfang dürfen heute die Suomis THE ABBEY mit progressiv angehauchtem, epischem Doom zu machen. Beheimatet sind sie bei dem Label Seasons Of Mist und haben bisher 2023 ein Album Namens „Word Of Sin“ veröffentlicht. Lyrisch besingt man esoterische Inhalte und hat sich mit einer Frontfrau Namens Natalie Koskinen bestückt. Deren openhafter, theatralischer Gesang polarisiert heute Abend etwas. Ansonsten weiß der Fünfer mit coolen, stellenweise an Candlemass als auch alte Paradise Lost erinnernden Riffs zu gefallen. Der Herr hinter dem Drumkit dürfte Nerds von Sentenced bekannt sein. Lieber Vesa wir wünschen uns die Reunion Deines alten Brötchengebers sehr! Dass der Mann absolut weiß was er tut ist sowieso selbstredend. Größter Charismatiker von THE ABBEY ist aber eindeutig Klampfer Jesse Heikkinen, der immer wieder mit packenden Gitarrensoli zu punkten und die Blicke auf sich zu ziehen weiß. Insgesamt eine gute Anheizershow, die allerdings während der ersten paar Songs noch etwas „schüchtern“ und hüftsteif gestartet wurde. Zu `Old Ones` am Ende des Sets sind aber alle anwesenden auf- und abseits der Bühne voll auf Betriebstemperatur.
Eine Schippe draufzulegen wissen anschließend die Amis MONDO DRAG. Diese haben wesentlich mehr Psychedelic-Rock und Stoner-Rock als Doom und Epik im Blut und wissen gleich vom Opener an alle anwesenden hypnotisch in ihren Bann zu ziehen. Ein echter Zugewinn ist heute, dass sich die Kalifornier für die Tour mit Bryce Shelton (Acid King) am Bass verstärkt haben. Sein unglaubliches Feeling und die packende, energetische Performance verpasst der Combo gleich noch mal ein paar PS mehr. Generell sind es oft die trippigen, sich wie ein roter Faden durch die Kompositionen ziehenden Bass-Lines, welche die Leute regelrecht in Trance grooven. Da ist es nicht weiter verwunderlich, dass es das ein oder andere Mal vor der Bühne herrlich nach Lemon Haze duftet. Bisher bringen es die Oakland-Boys auf drei veröffentlichte Platten, welche heute alle würdig im Set berücksichtigt werden. Die Show vergeht regelrecht wie im Flug, da man bei diesem wunderbar spacigen Sound wirklich Zeit und Raum vergessen kann. MONDO DRAG präsentieren sich als arschighte, bestens eingespielte Einheit mit toller Ausstrahlung und Wiedererkennungwert. Definitiv eine Band, die mehr Aufmerksamkeit verdient hat und im Auge behalten werden sollte. Perfekt abgerundet wird der sehr gute Eindruck von tollem, kreativ designtem Merchandise, welches zu recht fairen Preisen angeboten wird. Und das die Jungs eine Menge Humor haben, beweisen Sie bei ausgedehnten Chats mit den Fans nach Showende. Wir spoilen nicht zu viel, aber Chuck Norris und diese Band haben ab heute Abend eine Verbindung.
In diesen kriegerischen Zeiten ist es irgendwie etwas Besonderes, wenn Ukrainische Band hierzulande bei uns touren. Von der 2009 gegründeten Kiew-Posse kann vom Original-Line-Up heute aus bekannten Gründen leider nur Mastermind und Bandgründer Igor Sidorenko auf der Bühne stehen. Verstärkt hat er sich für die 2024er Tour mit dem hünenhaften Bassisten Andrew Rodin sowie Drummer Yurii Kononov. STONED JESUS feiern dieses Jahr bereits ihr 25-jähriges Bandjubiläum und haben dafür eine spezielle Setlist ausgeknobelt, auf die alle mächtig gespannt sind. Der Sound als auch Lightshow sind vom ersten Ton an erstklassig und bringen insbesondere Igors Feinheiten im Gitarrenspiel wirklich ideal zur Geltung. `Bright Like The Moring` vom Kult-Longplayer „Seven Thunders Roar“ gibt den Einstand und geht gleich in `Porcelain` von der „Father Light“ Scheibe über. Das folgende `Silkworm Confessions` vom 2015er Output „The Harvest“ wurde seitdem nicht mehr Live dargeboten und kommt besonders gut beim Publikum an. Generell ernten STONED JESUS nicht selten regelrecht euphorische, ultra-enthusiastische Publikums-Reaktionen. Heute Abend wird mitgesungen, von Damen die Hüfte geschwungen oder gebangt was das Zeug hält. München frisst den Ukrainern regelrecht aus der Hand! `Thoughts And Prayers` wird mit einer Ansage zum Ukraine-Krieg angekündigt. Die Band sammelt am Merch-Stand Geld und ist dankbar für Spendengaben. Dies würden nicht an irgendeine Organisation, sondern direkt an bedürfte Leute im Bandumfeld weitergeleitet werden. `Thessalia` ist bekanntlich ein Live-Smasher vor dem Herrn, der auch heute Abend volle Kann abgeht. Auf das Hauptriff wäre auch Josh Homme stolz! Das Hüsker Dü Cover `Diane` darf Tieftöner Andrew singen und macht das richtig gut. Das folgende `I`m The Mountain` gilt bereits als großer Klassiker und ist nicht ohne Grund das beliebteste Stück von STONED JESUS. Hat es den geschmackssicheren Stoner-Fan einmal gepackt, lassen einen diese Riffs und Melodien nie wieder los. STONED JESUS bauen heute innerhalb des Stück im Vergleich zur Studio-Version interessante Tempowechsel sein. So werden manche Passagen deutlich schneller, andere deutlich mehr im Kriechgang miteinander verwoben. Dies erzeugt eine spannende Dynamik, die falls man den Song etwas „zu oft“ gehört hat eine erfrischende Wirkung hat. `Get What You Deserve` groovt den Hörer auch ohne Weed dann so richtig ins Weltall. Für den Rezensenten der intensivste Track vom neusten Werk. Das Trio verschwindet symbolisch kurz, um anschließend mit `Black Woods` den Zugabeblock einzuläuten. Damit das dieser auch ein HIM-Cover (`Buried Alive By Love`), hätte wohl fast niemand gerechnet. Die Musiker rotzen das Lied so dermaßen herrlich unbekümmert herunter, dass es einen einfach packen muss. Der Beifall im Anschluss ist mächtig und die „Rechtfertigungs-Ansage“, dass das Lied zwar nicht „true“ aber einfach cool ist, hätte es gar nicht gebraucht. Sänger/Gitarrist Igor ist ein unglaublich charismatischer, passionierter Musiker dem man unglaublich gerne bei der Arbeit zusieht. Unglaubliches Talent und Leidenschaft – eine echte Lichtgestalt eines Musikers. `Here Come The Robots` macht den Deckel auf eine der allerbesten Stoner-Rock Shows die man in 2024 sehen konnte. Hut ab!
Text und Fotos: Markus Wiesmüller