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NAPALM DEATH, SUCKING LEECH @ L.A., CHAM – 22.08.2024

Diesen Sommer geben sich “am schönsten Arsch der Welt“ (diese humorvolle Auszeichnung erhielt die schöne Stadt Cham in 2018) hochkarätige Rock, Hardcore und Metalbands die Klinke in die Hand. Zuletzt spielten unter anderem Nervosa, Hemlock, The Black Dahlia Murder, Kärbholz, Crowbar, Cradle Of Filth und Exodus die Ehre. Viele Besucher laufen in dem wunderschön amerikanisch dekorierten Venue zeitig ein, um noch entspannt in American Diner Atmosphäre vor der Konzerthalle zu Chillen und sich einen Burger zum selbstbauen sowie ein kühles blondes reinzuschrauben. Bei hochsommerlichen Temperaturen ist es einige Stunden vor Konzertbeginn äußerst entspannt im L.A und die Musiker von Napalm Death sind bei vorbeischlurfen nicht schüchtern, das eine oder andere Foto mit Fans zu machen oder einen Plausch abzuhalten. Die Lokalmatadoren SUCKING LEECH mischen sich gleich direkt unters Volk und sind überrascht und dankbar für die unzähligen (Alt-)Fans welche heute aus diversen Ecken Bayerns eingelaufen sind.

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Die Niederbayerische Grindcore Institution ist bereits seit 1997 aktiv und hat bisher im Underground-Format fünf Alben, drei EPs und eine Split-Vinyl veröffentlicht. Bis auf den Posten der zweiten Gitarre, welcher irgendwann wegrationalisiert wurde, ist das Lineup seit Anbeginn konstant geblieben. Hier stehen unübersehbar ab 20Uhr alte Freunde die eine Menge Spaß an der Sache haben auf der Bühne. Was SUCKING LEECH stets auszeichnete, ist eine gewisse Hardcore- und Punk-Schlagseite im Riffing, welche ausgeprägter als bei anderen Grind-Combos ist welche ausschließlich auf Metal und maximale Härte setzen. Durch diesen Einfluss gehen viele Songs schnell ins Blut und haben einen angenehmen Groove. Auf dem 2018er Longplayer „Sicks“ als auch den beiden 2023 veröffentlichten EPs „Errordynamic“ und „Trinity“, haben die Männer bzgl. Songwriting als auch Produktion etwas an Speed und Härte zugelegt. Das gilt auch für den sägenden, leicht Schwedisch angehauchten Gitarrensound Live. Der Gig wird mit einer Stange Tracks von ausschließlich diesen Releases gestartet. `Victim Of The System`, `No More Thoughts About It`, `Errordynamic` sowie `DOT`. Die Publikums-Resonanz ist für einen Anheizer mehr als amtlich. Dies liegt nicht nur daran, dass sich SUCKING LEECH bereits das zweite Mal als Opener von NAPALM DEATH die Ehre geben. Frontsau Steff ist eine eindrucksvolle, charismatische Entscheidung. Er shoutet und deibelt mit viel Power und Energie seine Sozialkritischen Lyrics heraus – wirkt dabei stets gleichermaßen angepisst und positiv. Riffmeister Hanson ist ein großer Meister darin, die Grimassen-Enzyklopädie aufzuführen und geht nonstop ab wie ein radioaktives Eichhörnchen. Tieftöner Reini wirkt dagegen eher wie ein Ruhepol und weiß mit sehr gefühlvollem, tighten Bassspiel zu gefallen. Last but not least wäre da Drummer Reichi, der nicht nur Blastbeats, sondern auch wunderbar songdienliche Groove-Parts zocken kann. Dies hat einen gewissen Oldschool- und Punk-Touch und hebt SUCKING LEECH positiv von den modernen Knüppel-Grind-Formationen ab. Mit `Mindleech`, gefolgt von `3ecksLichter`, kommt dann der erste etwas ältere Track zum Zug. Auf diese folgen nach einer Umstimm-Pause `Breaking Bad`, der Klassiker `Fast Food Dismemberment` sowie `All I Fucking Hate`. Nach einer kurzen Ansage-Pause, in der sich SUCKING LEECH aufrichtig für den Support und die tolle Resonanz bedanken, gibt die Band noch `As Mother Closed My Eyes`, `Social Brain Circus`, `Our Own Demise`, `Sickurity` und `Of Pain` zum Besten. Eine mehr als würdige Anheizershow. Top Männer!

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Als die Grind-Urväter die Bühne entern, ist das gesamte L.A also bereits auf Betriebstemperatur und der Klassiker `From Enslavement To Obliteration` geht direkt ins Blut. Gleich zu Beginn das Duo `Taste The Poison` und `Next On The List` vom 2000er Output „Enemy Of The Music Business” erweist sich als cleverer Schachzug. Der Sound ist heute erstklassig und lässt einen inmitten all dieser brutalen Urgewalt auch wunderbar Details heraushören. Barney hat nichts von seiner stimmlichen Urgewalt eingebüßt und Shoutet zu `Continuing War On Stupidity`, vom Live zuletzt etwas vernachlässigten „Order Of The Leech“ Album, ins Mikro als gäbe es kein Morgen. Es ist immer eine Freude, Urviech und Koryphäe Shane Embury beim Basspiel zuzusehen. Seine Art das Instrument zu malträtieren und selbst bei komplexesten Passagen tiefenentspannt auszusehen, als auch oft verträumt Löcher in die Luft zu starren ist unvergleichlich. Kein anderer Bassist auf dem Planeten klingt so wie der gute Shane! `Contagion` zitiert heute Abend zum ersten Mal die letzte Platte und `The Wolf I Feed` vertritt heute als einziges Stück die „Utilitarian“-Phase. Das erste Mal atmosphärisch und Sonic Youth-kauzig wird es anschließend mit `Resentment Always Simmers` von der neusten EP. Nicht nur in solchen Momenten zeigt Drummer Danny, was für ein vielseitiger, herausragender Drummer er ist. `That Curse Of Being In Thrall` ist eine der größten Urgewalten neueren Datums und walzt Live alles platt. An dieser Stelle kann man Dreadlock-Rampensau John Cooke gar nicht genug auf die Schulter klopfen. Seine Live-Performance ist eine wirklich würdige Vertretung für den aktuell mit der Band nicht mehr tourenden Mitch Harris. Irgendwie würde man den guten mittlerweile schon vermissen, wenn er den Platz irgendwann wieder für Mitch räumen muss. Der ungewöhnlichste, ruhigste Song des heutigen Abends ist sicherlich `Amoral`. Die dort vorherrschenden Killing Joke- und Swans-Vibes stehen den Briten wirklich gut zu Gesicht. Ein heimlicher Hit! Dass die Birminghamer ein Altstück wie `It`s a M.A.N.S World` direkt an den Smasher `Backlash Just Because` jüngeren Datums reihen können und alles wie aus einem Guss klingt, spricht einfach für sich. Letztgenannter Track killt Live völlig und kann als eines der bisherigen Highlights des heutigen Abends bezeichnet werden. `Fuck The Factoid` hält den sich stetig vergrößernden Moshpit aufrecht, ehe mit `Suffer The Children` die erste ganz große Live-Granate gezündet wird. Und es gibt absolut kein Halten mehr in Cham. Wow! Ein weiterer Favorit des Rezensenten ist Live stets `When All Is Said And Done`, dessen primär im Midtempo gehaltene Groove ein wohltuender Kontrast zu den Blastbeat-Stücken der Engländer ist. Einen weiteren Übersong zockt das Quartett mit dem Klassiker `Scum`, Live eine richtig fiese mit Killer-Riffs gespickte Abrissbirne. `M.A.D.`, `Success?` und das episch-ausufernde `You Suffer` verbleiben weiter in der Debüt-Phase. `Metaphorically Screw You` erhalt eine Barney-Ansage mit Anlauf. Gegen alle Menschen die es nicht gut mit einem meinen. Das Altstück `Dead` leutet den Zugabeteil ein, in welchem natürlich das Dead Kennedys Cover `Nazi Punks Fuck Off` niemals fehlen darf. Danach holen Band und Fans noch mal die allerletzten Energiereserven aus sich heraus, um zu dem Killer-Song `Instinct Of Survival` noch mal völlig aus dem Rad zu drehen. Dazu geben auch Stage-Diver und Crowd-Surfer noch mal alles und der Pogo-Pit berstet. Dieser Track Sollte unbedingt ein Regular im Set bleiben. Wir verneigen uns vor dieser Machtdemonstration! NAPALM DEATH Altern in Würde und haben wirklich noch gar nichts von ihrer Durchschlagskraft eingebüßt. In Grind we Trust!

Text: Markus Wiesmüller

Fotos: Danny „Trabi“ Jakesch

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