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An diesem Abend stimmt das Quintett das Publikum nun also auch noch auf MANFRED MANN´S EARTH BAND ein. Dabei vermögen die Engländer mit ihrer an und für sich schwer definierbaren Mischung aus Soul, Blues und Rock durchaus zu gefallen. Selbst wenn XANDER AND THE PEACE PIRATES das Rad nicht neu erfinden, macht die sympathische Performance der Briten dieses kleine Manko allemal wett. Als Blickfänger fungieren natürlich in erster Linie die beiden Xander-Brüder: Keith besticht mit ausdrucksstarker Stimme und verblüfft vor allen Dingen aufgrund der Tatsache, dass er an der rechten Hand eine Prothese trägt und trotz dieses vermeintlichen Handicaps sehr gut die Gitarre bedienen kann. Sein Brüder Stu hingegen agiert an der Akustikklampfe wie ein Derwisch und bangt sich zumindest zum Ende des Sets bei den etwas rockigeren Momenten die Seele aus dem Leib. XANDER AND THE PEACE PIRATES fahren mit diesem Auftritt jedenfalls mehr als nur einen kleinen Achtungserfolg ein, sind danach noch hinterm Merchandise-Stand sowie letzten Endes gar auf der Bühne bei MANFRED MANN´S EARTH BAND zu sehen.

Der Headliner zollt seiner Vorband mit dieser Geste Respekt, und das Publikum erhält erneut die Gelegenheit, den Liverpoolern gebührend Beifall zu bekunden. Mit einer zwar wenig überraschenden, aber dennoch sehr gelungenen Songauswahl läutet der Headliner den Abend ein: Das vom 1972er Debüt der EARTH BAND her bekannte 'Captain Bobby Stout' markiert dabei den Anfang. Dem folgt das gelungene Springsteen-Cover 'Spirits In The Night'. Mit 'Martha's Madman' , der Dylan-Hommage 'You Angel You' und 'Don't Kill It Carol' berücksichtigt man auch die End-70er-Phase der Gruppe. Als kleine Auflockerung für Zwischendurch erweisen Manfred Mann und seine Mitstreiter den unsterblichen T.Rex mit 'Get It On' ihre Aufwartung: Freunde schwerer, düsterer Klänge dürften indes an der Ministry-Version 'Bang A Gong' mehr Freude haben. Unabhängig davon präsentiert sich jeder einzelne Musiker auf der Bühne an diesem Abend zu jedem Zeitpunkt voll auf der Höhe des Geschehens: Ganz besonders magisch werden jene Momente, wenn sich die beiden Gründungsmitglieder der EARTH BAND, namentlich Gitarrist Mick Rogers und natürlich Manfred Mann selbst in Soloeskapaden duellieren. Letzterer verlässt dann seinen ihm angestammten Platz hinter dem Berg an Tasteninstrumenten, um sich mit einem Umschnall-Keyboard bewaffnet ein wildes Gefecht mit seinem langjährigen Bandkollegen zu liefern. Die erhabene Musikalität dieser beiden Protagonisten wird besonders dann selbst für den Laien hör- und spürbar. Derlei Augenblicke könnten wahrlich ewig dauern! Rogers Kunst beschränkt sich indes jedoch keineswegs nur auf die elektrische Gitarre: Auch wenn er seine Stimmbänder schwingen lässt, ist Aufhorchen angesagt. Ohne die ausgezeichnete Leistung des seit 2011 bei der EARTH BAND aktiven Frontmannes Robert Hart schmälern zu wollen, muss konstatiert werden, dass Mick Rogers ebenso ein hervorragender Sänger ist.

Sehr groß auch jene Momente, wenn der Gitarrist seine elektrische zu einer akustischen Konzertgitarre „umwandelt“ und wahlweise Country-/Western- oder spanische Spielweisen imitiert. Doch weiter im Takt: Als persönlichen absoluten Höhepunkt kürt der Schreiberling das atmosphärisch dichte Epos 'Father Of Day, Father Of Night' vom progressiv geprägten Meisterwerk „Solar Fire“ aus dem Jahr 1973. Dem folgt die Interpretation des Merle Travis-Songs 'Cannon Ball Rag'. Danach werden eigentlich fast ausschließlich die Liebhaber der kommerzielleren Mann-Songs zufrieden gestellt: Das wunderbar melancholische Springsteen-Cover 'For You' rührt die Herzen und jagt Gänsehautschauer über den Rücken, während die unmittelbar darauf folgenden 'Blinded By The Light' und 'Davy's On The Road Again' für Euphorie sorgen.

Um eine letzte Zugabe zum Besten zu geben kommen die Mannen um Herrn Mann auch noch mal auf die Bühne, und es kommt, was kommen muss: Die beiden Evergreens 'Dooh Wah Diddy Diddy' sowie 'Quinn The Eskimo (The Mighty Quinn)'. Bei beiden Songs stellt die EARTH BAND jedoch einmal mehr ihre spritzige Spielfreude und scheinbar endlose Experimentierfreudigkeit unter Beweis. 'Dooh Wah Diddy Diddy' wird in schönster Country-/Rock N' Roll-Manier nur von Gitarrist / Sänger Mick Rogers intoniert, während Schlagzeuger Jimmy Copley den Takt vorgibt. Kurz davor zockt der sympathische Sechsaitenvirtuose noch eine Strophe von „Stille Nacht, Heilige Nacht' und zwischen drin gibt's mit 'Shake, Rattle And Roll' noch einen Elvis-Kniefall. Aller guten Dinge sind drei: Bei der dritten Interpretation eines Dylan-Songs in Form des unvermeidlichen 'Quinn The Eskimo (The Mighty Quinn)' lassen Rogers und Mann noch einmal ihrer Lust an Solo-Duellen freien Lauf. Dabei spickt Erstgenannter seine Eskapaden immer wieder mal mit Zitaten aus der langen, glorreichen Geschichte der Rockmusik: 'Jessica' von den unerreichten Allman Brothers klingt beispielsweise ganz kurz an, nur um kurz danach weiterer, wilder Improvisationswut freien Lauf zu lassen.

Der Auftritt der EARTH BAND an diesem Abend in München dürfte den Anwesenden in mehrerer Weise in Erinnerung bleiben: Einerseits sind da die Gedanken, dass genau zu dem Zeitpunkt Berlin und damit die gesamte Republik von einem verheerenden Terrorakt erschüttert wurde. Andererseits ist da die Tatsache, dass man in der bayerischen Metropole hingegen in friedlicher Atmosphäre guter Musik gelauscht, eine Zeitreise in die 70er unternommen und schlichtweg das Leben zelebriert hat. Wichtig ist, Letztgenanntes weiterhin zu tun, allem Negativen zum Trotz! – MANFRED MANN´S EARTH BAND macht genau das, wird's doch standesgemäß auch im nächsten Jahr noch einige weitere Deutschland-Shows geben.

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