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Bei den letztgenannten Damen mit männlicher Begleitung ist die Halle anfangs noch recht spärlich gefüllt, was sich im weiteren Verlauf des kurzweiligen Auftritts der EssenerInnen jedoch etwas ändert. Die locker-flockige Mischung aus Death Rock, New Wave, Post-Punk und Gothic vermag dem Publikum mehr als nur Höflichkeitsapplaus zu entlocken. LA SCALTRA bieten nichts wirklich umwerfend Neues, weben aus dem Gegebenen jedoch irgendwie einen mehr oder weniger charakteristischen Sound, der Genre-Liebhaber vollauf zufriedenstellen dürfte. Denn sowohl Tonträger als auch Live-Präsentation nehmen einen mit auf eine Zeitreise in die 80er, und auch wenn so manches etwas kitschig und klischeebeladen wirkt, stimmt doch irgendwie das Gesamtpaket. Die absoluten Überflieger sind LA SCALTRA sicher nicht, dennoch markiert die Formation einen mehr als gelungenen Start eines ansprechenden „Festivals“. – Die Gänsefüßchen deswegen, weil sich die Frage schon stellt, ob man einen Abend mit drei Bands gleich als Festival titulieren muss/kann? Gut, im Vorfeld umschrieben die Veranstalter die Veranstaltung bereits als „klein, aber fein“, und das trifft's dann schon eher. Dazu weiter unten aber mehr.

Zunächst mal entern die MERCIFUL NUNS die Bühne, wobei auffällt, dass entgegen des Bandnamens mit Jawa Seth nur eine Frau zugegen ist, und die zupft herrlich unaufgeregt und locker den Bass. Gitarrist Jón zeigt kaum Kabinettstückchen auf seinem Instrument, wohl aber herrlich atmosphärisches Spiel, welches genau richtig dosiert ist. Die Personen an den Saiteninstrumenten tragen zudem die Bürde, penibel genau zum elektronischen Schlagzeug zu spielen und das Fundament der Musik zu formieren. Sänger Artaud Seth sorgt indes für die charakteristischen Farbtupfer und bietet eine abgebrühte, coole Show, die für Goth-Verhältnisse verhältnismäßig extrovertiert rüberkommt. Nur dann und wann bequemt sich der Frontmann hinters Keyboard, zu einem Großteil regieren mitreißende Tanzbeats und eine wehmütige, melancholische Grundstimmung. Von zwei Bildschirmen an den Seiten und einer großen Leinwand im Hintergrund flankiert laufen in wohlgeordneten Dosen auf die Musik genauestens abgestimmte Videos. Höhepunkte sind das einprägsame 'The Passing Bell' oder das mit allerlei okkulten Symbolen untermauerte, beschwörende 'Thelema'. Aber eigentlich hat so ziemlich jeder Song seine eigenen Stärken, das Trio vermag wirklich zu jeder Sekunde zu unterhalten! Dass die bei MERCIFUL NUNS involvierten Personen beileibe keine Emporkömmlinge sind, die halt auf einen gerade angesagten Zug aufspringen, sondern bereits im Rahmen ihres vorangegangenen Engagements bei den vorzüglichen Garden Of Delight deutsche Goth- und Wave-Geschichte geschrieben haben, merkt man der routinierten Performance zu jedem Zeitpunkt an. Und trotz der tieftraurigen Themen, die da behandelt werden, entwickelt sich sogar so etwas wie Spielfreude. Kein Wunder, dass das Trio danach noch eine Zugabe zum Besten gibt! Die MERCIFUL NUNS stimmen nicht nur auf den unbestrittenen Headliner des Abends ein, sondern setzen selbst ein dickes Ausrufezeichen!

Womit wir nunmehr bei FIELDS OF THE NEPHILIM angekommen wären, für die vermutlich ein nicht unbeträchtlicher Teil des Publikums extra nach Fürth gekommen ist. Bereits beim Intro 'The Harmonica Man' ist die komplette Bühne von Rauchschwaden eingehüllt, was sich im weiteren Verlauf des Konzerts nur selten mal ändert. Aber auch der Kunstnebel will effektiv in Szene gesetzt sein und sollte mit den auf der Bühne agierenden Personen und dem Licht harmonieren, was hier zweifelsohne der Fall ist. Der Sound ist ebenfalls, wie bereits bei den beiden vorangegangenen Gruppen, hervorragend, hier sind wahre Könner am Werk! Und selbst wenn die Briten von Haus aus natürlich keine sonderlich agile Band sind, was bei der Art Musik natürlich auch wiederum kontraproduktiv wäre, wird nicht zuletzt auch natürlich durch die Musik ein Malstrom erzeugt, in den man einfach unweigerlich hineingezogen wird. Oftmals lassen sich lediglich die Umrisse der Herren Musiker erkennen, die trancehaft auf der Bühne hin- und herwogen. Und das Publikum tanzt, leidet, jubelt: Zu selten kriegt man in hiesigen Breitengraden die Urväter des Goth Rock zu Gesicht, deren Musik an diesem Abend zuweilen eine nicht gerade unbeträchtliche Metal-Schlagseite aufweist. Zu Beginn des (gefühlsmäßig) leider viel zu kurzen Sets erklingen mit 'Preacher Man' und 'Dawnrazor' gleich zwei Stücke der 1987er Scheibe der Engländer. Dazwischen schiebt man 'Endemoniada' vom legendären „The Nephilim“-Album ein, von dem man an dem Abend am meisten zu hören bekommt. Es folgen während der regulären Spielzeit nämlich noch 'Love Under Will', 'The Watchman' und das eingängige 'Moonchild'. Das 1990er Werk „Elizium“ wird in Form von 'For Her Light' und 'At The Gates Of Silent Memory' berücksichtigt, während 'Mourning Sun' einen hypnotisierenden Schlusspunkt eines beeindruckenden Sets bildet.

Sämtliche Musiker kommen in gewohnter Montur mit langen Mänteln und Cowboyhüten daher, nur Tony Pettitt fällt mit seiner Baseballkappe etwas aus der Reihe. Macht aber nichts, schließlich ist der seit 2013 bei FIELDS OF THE NEPHILIM wieder aktive Bassist neben Carl McCoy das einzig verbliebene Urmitglied der Formation. Der Frontmann präsentiert sich hingegen mysteriös und verhalten wie eh und je, die Kommunikation mit dem Publikum beschränkt sich auf das Allernötigste. Stimmlich ist der mittlerweile 56-jährige McCoy nach wie vor eine Bank, eine charismatische Erscheinung war er ja ohnehin schon immer. Im Anschluss an 'Mourning Sun' verlassen die Musiker die Bühne und lassen die Anwesenden eine Weile zappeln, bevor es mit dem eingängigen 'Prophecy' von der gleichnamigen Single-Veröffentlichung von vor drei Jahren einen Nachschlag gibt. Und natürlich muss der „The Nephilim“-Scheibe eine letzte Stippvisite abgestattet werden, fehlt doch mit 'Last Exit For The Lost' noch einer der absoluten Übersongs der Briten. Auch an diesem Abend entfaltet das Goth-Epos seine volle Wirkung, versetzt einen Großteil der Zuhörer in einen fast schon trance-artigen Zustand, bis dann zum Ende hin die düster rockende Auflösung folgt. FIELDS OF THE NEPHILIM werden in der beim Dark Ascension Festival gezeigten Form ihrem Legenden- und Headliner-Status vollauf gerecht!

Natürlich stellt sich die Frage, inwiefern die Veranstalter bei einem eventuellen Fortsetzungs-Event dem noch was draufsetzen können?!? Man muss abwarten, ob und was da kommen mag, lassen die Verantwortlichen doch derzeit noch offen, ob es einen zweiten Teil des Dark Ascension geben wird. Etwas schade war, dass trotz des superben Billings nicht noch mehr Leute den Weg in die Fürther Stadthalle gefunden haben. Über Gründe dafür lässt sich wohl nur spekulieren, vielleicht wäre etwas offensivere Werbung hilfreich gewesen oder aber ein anderes Datum. Am selben Tag fand nämlich im nahe gelegenen Nürnberg auch eine Depeche Mode & Wave Party statt, zudem dürfte das Summer Breeze dem Dark Ascension zumindest den einen oder anderen jüngeren Zuschauer abspenstig gemacht haben. Was letzten Endes, wie gesagt, ein bisschen schade ist, zumal sich die Fürther Stadthalle einmal mehr als äußerst stimmiger Veranstaltungsort präsentiert hat! Sehr praktisch auch, dass sich direkt unterhalb der Halle eine Tiefgarage befindet. Der exzellente Sound bei allen Bands wurde bereits zur Genüge gelobt, Getränke- und Essenspreise waren durch die Bank fair. Dies alles trug dann noch zusätzlich zur generell friedlichen Atmosphäre und guten Stimmung bei den Konzerten bei, so dass man hofft, dass das Dark Ascension in absehbarer Zeit eine Fortsetzung findet!