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Das mittelgroße Venue des Feierwerks hat für Konzerte dieser Art stets die richtige Größe sowie Atmosphäre und fährt zudem stets einen fetten PA-Sound auf. Es ist möglich vor der Bühne als auch seitlich davon zuzusehen – plus Treppen an den Raumseiten für die kleiner Gewachsenen. Altersmäßig ist von Teenagern, Twens, Dreißigern und Vierzigern im Mittelfeld bis über in Würde ergraute Rocker und Alt-Hippies wirklich alles vertreten. Ebenso ist eine große Schnittmenge an Subkulturen auszumachen. Die Mehrheit stellen heute aber Blues-Rocker sowie Stoner- bzw. Doom-Jünger.

Beide Bands haben im Nebenraum inklusive separatem Bierstand eine tolle Auswahl an Merchandise und Vinyl zu wirklich fairen Preisen anzubieten. Der Merch des Anheizers wird humorvoll mit „Good With Weed, Great with LSD!“ angepriesen. Noch Fragen?

The Sonic Dawn 6

Den Anfang machen die Psychedelic-Rocker THE SONIC DAWN. Die Skandinavier strecken ihre Fühler gerne auch mal in Richtung verspultem Jazz, erdigem Blues sowie eingängigen 60s-Sounds aus. Die Beatles zu ihrer trippigsten Phase lassen sich ebenso wie ganz frühe Pink Floyd, Hawkwind, Hendrix und Iron Butterfly heraushören. Was jedoch auf Platte (Label Heavy Psych Sounds) größtenteils noch recht entspannt und kontrolliert klingt, entfaltet live eine ganz andere Energie. Die Dänen verstehen es bestens, innerhalb eines Songs gekonnt Spannung aufzubauen, um diese dann in einem besonders lauten Moment inklusive spontanen Jam-Verzierungen kolossal zu entladen. Das Trio legt sehr viel Energie und Leidenschaft in die Performance, was alle Anwesenden bereits nach den ersten drei Songs schnell auf Betriebstemperatur bringt. THE SONIC DAWN haben Charisma und die notwendige Eigenständigkeit, um unter den Heerscharen an Retro-Bands der heutigen Szene bestehen sowie herausstechen zu können. Besonders stark wirken heute die Tracks 'Watching Dust Fall', Emily Lemon', 'No Chaser', 'Forever 1969' sowie 'Summer Voyage' nach. Anhand dieses voll und ganz überzeugenden, fesselnden Gigs haben wir heute nun quasi bereits die erste Headlinershow gesehen. Großes Kompliment nach Dänemark!

Brant Bjork 9

Nach einer erfreulich kurzen Umbaupause schlurft dann BRANT BJORK lässig mit seinen Mitstreitern auf die Bühne, stöpselt seine Gitarre ein und legt unter besten Sound- und Lichtbedingungen fulminant mit 'Humble Pie' und 'Swagger & Sway' los. Mit diesem alten Wüstenfuchs ist es wie mit einer sehr guten Flasche Wein. Der Multi-Instrumentalist scheint mit dem Alter immer besser zu werden und versprüht ein Charisma, eine natürliche Coolness und sympathische Aura, von der andere selbst ernannte „Rockstars“ nur träumen können. Aber es stehen heute noch weitere Koryphäen auf der Bühne. Klampfer Jon „Bubba“ Dupree (u.a. Ex-Void) bereichert sowie erweitert den Sound der Band hörbar und fügt erwartungsgemäß hier und da dezente Punk-Energietupfer hinzu. Nicht zu vergessen auch Bassist Dave Dinsmore mit seinem unglaublichen Groove, der u.a. auf zwei Unida-Veröffentlichungen sowie Brants Chè-Saitenprojekt zu hören ist. Drummer Ryan Güt ist ein noch vergleichsweise unbeschriebenes Blatt, konnte sich aber auf dem vorhergehenden Album „Tao Of The Devil“ bereits gut eingrooven. Dies bekommen wir gleich bei der schweren Riff-Walze 'Controllers Destroyed' zu spüren. Danach wird es etwas leichtfüßiger. BRANT BJORK kehrt zu seinen Solo-Anfängen zurück und gibt 'Too Many Chiefs… Not Enough Indians', einen seiner größten Hits, mit einer ausgedehnten Solo-Einlage im Mittelteil zum Besten.

Spätestens jetzt kocht das randvolle Feierwerk und der tosende Applaus zum Songende reißt lange nicht ab. Was heute Abend ebenfalls nicht abreißt, ist der wohltuende Kräuterzigaretten-Duft im Bereich direkt vor der Bühne. Dies bedient natürlich Klischees, ist aber Fakt. Irgendein Hardcore-Kiffer muss hier den großen Familien-Sack in die Handtasche gesteckt haben. 'Stackt' mag auf Platte ein nur gutes Stück sein – live entfaltet es sich aber zu einer wahren Macht. Von „Saved By Magic“ gab es in den letzten Jahren auf der Bühne viel zu wenig zu hören. Die Gebete wurden erhört – das Quartett packt heute den Übersong 'Let The Truth Be Known' aus – die Lyrics passen bestens zum zuvor erwähnten Hallenduft. Das Titelstück der neuen Platte erzeugt anschließend richtige Gänsehaut. 'Mankind Woman' dürfte anhand seiner Intensität nun viele Jahre nicht mehr aus dem Set wegzudenken sein. Nach dem neueren Stück 'Stokely Up Now' verlassen die Musiker kurz die Bühne und dimmen das Licht. Warum? Sie kehren mit Verstärkung und Wüstenrock-Legende Sean Wheeler (Throw Rag) auf die Bühne zurück. Wer dieses vielseitige Ausnahme-Talent tatsächlich noch nicht kennt, sollte unbedingt in seine Solo-Singer/Songwriter-Werke oder Throw Rag reinhören. Glasklar, dass es nun eine Stange neue Stücke, die Sean zusammen mit Brant geschrieben hat, zu hören gibt. Mr. Wheeler tänzelt mit coolem Outfit, Hut sowie unvergleichlicher Mimik und Gestik über die Bühne – zieht alles und jeden in seinen Bann. 'Chocolatize' macht den Anfang, und Brant nimmt sich als Frontmann auffällig zurück, um seinem Kollegen genug Platz einzuräumen. Während 'Biker No. 2' und 'Pretty Hairy' steigert sich die Intensität von Seans Darbietung weiter. Ein bisschen Wahnsinn, ein bisschen Verrücktheit, ein bisschen Theatralik und Vollmeisen-Performance – denkt hier noch irgendjemand auch mal an einen jungen Iggy Pop oder Jello Biafra? Bei all der Desert-Credibilty und Rockabilly-Aura ist da nämlich doch eine Menge Punk in der Luft. 'Somebody' ist ein weiterer Track, der livehaftig noch einiges an Charme zulegt. Und die längere „Predigt“ 'Nation Of Indica' ist Sean Wheeler musikalisch wirklich bestens auf den Leib geschrieben. Anhand seiner unvergleichlichen Ausstrahlung und Erscheinung dürfte die Message jeden einzelnen Anwesenden deutlich erreicht haben.

Danach verabschiedet man sich kurz, um in den Zugabeteil überzuleiten. Es geht erneut zurück zu „Jalamanta“. 'Lazy Bones' fließt gekonnt inklusive Jam-Einlagen in 'Automatic Fantastic' über, ehe der energetische Klassiker 'Low Desert Punk' passenderweise dem unübersehbaren (Post-)Punk-Roadie gewidmet wird. Was wir hier heute gesehen haben, ist neben Audrey Horne ohne Wenn und Aber eine der besten Rock-Shows des Jahres 2018. Ganz großes Kino – wir verbeugen uns!

Wer anschließend noch nicht genug hat, geht nebenan in den kleineren Kellerclub zur 15-Jahre-Feier der gemeinnützigen Münchner Organisation und Gemeinschaft Chaos Blast. Als guten Kontrast gibt es dort vorwiegend klassischen Old-School- Thrash/Death und Grindcore neben ein paar Sludge- und Doom-Highlights zu hören. Alle Anwesenden staunen nicht schlecht, als zu etwas späterer Stunde die Musiker aller zwei Bands mit Crew auftauchen und sich unters Partyvolk mischen. Dabei weicht niemand, auch nicht BRANT BJORK selbst, auch nur einem Foto, Unterschrift oder einer längeren Unterhaltung mit den zahlreichen Fans aus. Ganz im Gegenteil: Man bleibt geschlossen, bis die Konservenmusik abgedreht werden muss. DAS nennt man Fannähe!

Setlist THE SONIC DAWN:

The Mustang

All the Ghosts I Know

Watching Dust Fall

Emily Lemon

Forever 1969

Psychedelic Ranger

Numbers Blue

Six Seven

Summer Voyage

Setlist BRANT BJORK:

Humble Pie

Swagger & Sway

Controllers Destroyed

Too Many Chiefs….Not Enough Indians

Stackt

Let The Truth Be Known

Mankind Woman

Stokely Up Now

Chocolatize (with Sean Wheeler)

Biker No. 2 (with Sean Wheeler)

Pretty Hairy (with Sean Wheeler)

Somebody (with Sean Wheeler)

Nation Of Indica (with Sean Wheeler)

Lazy Bones / Automatic Fantastic

Low Desert Punk

 

Text: Markus Wiesmüller

Fotos: Anastasiya Wiesmüller

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