Die Geschichtsschreibung verrät uns nicht, ob Matti tatsächlich jemanden gerädert hat – die schwerste Strafe nach damaligem schwedischem Strafgesetz –, aber Steven nahm sich hier die künstlerische Freiheit, dass er dies wohl tat. Ziel des Räderns (schwedisch ‚rådbråkning‘) war, den Körper des Verurteilten systematisch durch ein schweres Rad zu brechen, manchmal auch mit Hilfe eines Schmiedehammers. Der Henker war dabei angehalten, möglichst langsam vorzugehen, damit der Verurteilte so lange wie möglich am Leben bleibe.
Steven erklärt die Lyrics wie folgt:
„Die sozialen Mechanismen eines Krieges sind immer total. Gewalt gebiert mehr Gewalt und verlangt nach immer mehr, nur um sich zu rechtfertigen. Ein Kreis des Todes und Unglücks für diejenigen mittendrin.
Dieser Text war für mich am einfachsten und schnellsten zu schreiben. Ich hörte sogleich die Foltergeräte in der spärlichen Demo der Band, als wenn die Drums und die Gitarre eine Mühle wären, die jegliche Hoffnung für unseren armen Protagonisten Matti Piipponen zermalmen. Seine Träume der Desertion sind zunichte und er wird aufs Härteste bestraft für seinen Versuch, dem Todesengel zu entkommen: Er wird der Mann, welcher den Übeltätern in den eigenen Reihen das Recht des Königs zuteilwerden lassen muss. Ein Geissler, selbst gezüchtigt, sowohl physisch als Vollstrecker der schrecklichsten Strafe der schwedischen Armee, wie auch emotional als meist verachteter Mann im Lager.
Die Lyrics drehen sich dabei um den Dialog zwischen Matti, jetzt des Königs Folterer, und dem Gerät, welches zwar sein Leben gerettet hat, dafür aber seinen Verstand zerstören wird. Das Rad mag vielleicht eigentlich dazu gedient haben, Übeltäter auf die grausamste Weise zu züchtigen, doch sein wirkliches Opfer war sein Bediener selbst: zerfetzt und geschunden wird Matti zu einem Mann verformt, den nicht mal seine eigene Familie mehr wiedererkennen könnte. Diener des gerechten Zorns des Königs, wird er vom entfesselten Murhanenkeli gefressen. Denn was aus der Mühle des Todes ausgespuckt wird, kann nicht mehr menschlich sein.
Hiermit endet die Karriere von Matti Piipponen in DMB: Ich begrub sein trauriges Schicksal in zu vielen Shots serbischen Rakis in einer der schäbigsten Spelunken Belgrads.
Für Matti gibt es keine Hoffnung, erst recht nicht Erlösung, denn schadenfroh hat sich das Rad gegen seinen eigenen Herrn gewendet. Niemand in Carolus' Armee konnte sich der knirschenden Ekstase des Engels entziehen, der vom schwedischen König entfesselt wurde. Und das ist – für mich – verdammt heavy.“
So nebenbei: Während die Lyrics selbst von Mattis Geschichte inspiriert sind, nimmt der Songtitel Bezug auf den Fall von Henrik Florinus, Pfarrer von Kemiö, welcher doppelten Ehebruch begangen und den Axtmord an einem Kronvogt in Auftrag gegeben hatte. Seine ehebrecherischen Partnerinnen verloren den Kopf, Florinus aber wurde zum Rädern verurteilt. Bei der Hinrichtung, bevor das rådbråkning begann, sang er den Psalm „O, du bittra sorgekälla“ (Oh bittere Quelle des Kummers). Was von seinem Körper übrig blieb, wurde am Straßenrand aufgehängt. Das Fleisch verschwand schnell, aber seine Knochen bleichten noch Jahre.
Ins Deutsche von Emanuel Schwarz (