MASTER Z: THE IP MAN LEGACY

Im Schatten des Großmeisters

In MASTER Z: THE IP MAN LEGACY, der ab dem 9. Mai in den deutschen Kinos anläuft, muss sich Cheung Tin Chi nach seiner Niederlage gegen den Großmeister Yip Man in ein neues Leben als Krämer in Hongkong fügen. Hier nun kümmert er sich um seinen Sohn und lässt sein Leben als einstiger Großmeister des Wing Chung hinter sich. Schnell jedoch muss er feststellen, dass die Vergangenheit niemals ruht und er, um seine Familie und Freunde zu beschützen, gegen die einstige Untergrundorganisation Cheung Lok in den Kampf ziehen muss.

Es ist ein nahezu typischer Fall von "zur falschen Zeit am falschen Ort", als der frisch gebackene Krämer und einstige Kung-Fu-Großmeister Cheung Tin (Zhang Jin) durch einen ungünstigen Zufall in eine Auseinandersetzung zwischen Mitgliedern der in Hongkong einflussreichen, aber gefürchteten Organisation der Cheung Lok gerät, die versuchen, von der opiumabhängigen Nana und ihrer Freundin Julia Geld zu erpressen. Als Cheung Tin die jungen Frauen gegen eine von Tso Sai Kit (Kevin Cheng) angeführte Bande von Schlägern erfolgreich verteidigt, wird er daraufhin in Polizeigewahrsam genommen, während die Gangmitglieder kurze Zeit später unbehelligt die Polizeiwache verlassen können. 

Bereits hier muss Cheung Tin erkennen, welches weitreichende Netzwerk die Organisation gesponnen hat, in deren Zentrum Tso Ngan Kwan (Michelle Yeoh) sitzt, Schwester von Tso Sai. Anders als ihr Bruder, versucht Tso Ngan mit aller Kraft, die illegalen Machenschaften der Organisation zu beenden und auf legale Weise ihre Einflüsse in Hongkong auszuweiten, was jedoch nur schwer umzusetzen ist. Um dem Einflussradius seiner Schwester zu entgehen, beginnt Tso Sai daraufhin auf eigene Faust, seine Stellung im Untergrund der noch immer besetzten Stadt Hongkong zu behaupten, und steigt nun vom Opium- zum internationalen Kokainhandel um, wobei er konkret mit den ausländischen Besatzern ein Geschäft eingeht. 

Problematisch erweist sich nun für Tso Sai, dass mit Cheung Tin ein Spieler auf den Plan tritt, der ihm persönlich das Leben schwerzumachen droht, weshalb er versucht, Cheung Tin zu ermorden. Nur mit Mühe und Not gelingt es Cheung Tin, mit seinem Sohn zu fliehen, wobei er schließlich von Julia, die er zuvor noch vor Tso Sai retten konnte, aufgegriffen wird und im Abendlokal "Gold Bar" ihres Bruders Fu unterkommt. Aufgrund des misslungenen Mordanschlags, sinnt Cheung Tin seinerseits auf Rache und beginnt Tso Sai nachzustellen... Es beginnt ein erbarmungsloser Krieg in den Straßen der Stadt.

Nachdem die "IP-Man"-Trilogie bereits große internationale Erfolge erzielen konnte, wird mit MASTER Z: THE IP MAN LEGACY das erste Spin-Off in Anschluss an den dritten Teil der Reihe adaptiert und kann erfreulicherweise gut an die Geschichte und den Stil der vorhergehenden Filme anknüpfen. Hier nun begegnen wir einmal mehr Cheung Tin Chi, der im dritten Teil zu "Ip Man" seine eigene Schule des Wing Chung in Hongkong eröffnete, noch bevor der große Showdown mit dem Großmeister Yip Man (Donnie Yen) überhaupt stattgefunden hatte; ein fataler Fehler, wie sich am Ende des Films herausstellen sollte. 

Diejenigen, die sich die ersten drei Teile um die Legende des Kung-Fu-„Großmeisters“ Yip Man und Lehrers von Bruce Lee, der am Ende des zweiten „IP Man“-Teils kurz als noch junger Schüler vorgestellt wird, bereits angesehen haben, dürften ohne größere Probleme in die Story von MASTER Z hineinfinden; aber auch für Neulinge der Reihe dürfte die Geschichte um Cheung Tin überaus interessant sein. Insbesondere die grandios inszenierten Martial-Art-Elemente wirken einmal mehr atemberaubend und strotzen nur so vor Eleganz und grandioser Körperbeherrschung. Hinzu

kommt die historische Komponente der noch immer unter englischer Besatzung stehenden Stadt Hongkong irgendwann in den 1960er Jahren. 

Spannend ist, dass MASTER Z: THE IP MAN LEGACY nicht etwa vom Regisseur der drei ersten Teile zu "IP Man", Wilson Yip, realisiert wurde, sondern stattdessen von Legende Yuen Woo-Ping. Woo-Ping, der in Hongkong das chinesische Ambivalent zum Hollywood Walk of Fame umsetzte, gehört zu den bedeutendsten Figuren des Martial-Arts-Kinos und tritt nicht nur als Regisseur in Erscheinung, sondern choreografierte zudem überragende Kampfszenen auch im internationalen Kontext, zum Beispiel für "Matrix" (1999) sowie "Kill Bill". Seine Karriere als auch die internationale Aufmerksamkeit für den Martial-Arts-Films selbst begann bereits in den späten 70er Jahren, als er mit Jackie Chan in den Hauptrollen "Die Schlange im Schatten des Adlers" sowie "Sie nannten ihn Knochenbrecher" realisieren konnte; beides Ikonen des Genres. An MASTER Z zeigt sich die Liebe Woo-Pings zu Details, die sich auch optisch in der grandiosen Kulisse des historischen Hongkong wiederfindet. So schwenkt die Kamera und verweilt auch ein wenig länger als nötig auf Details wie etwa der frühen Illuminierkunst der chinesischen Lichtwerbung innerhalb der Amüsiermeile. Auch die gewählten Kontraste, die zwischen Rot und Gold changieren, zeugen vom Geist chinesischer Kultur. Letztlich jedoch tritt Woo-Pings herausragendes Talent in den Fokus, sobald die zahlreichen Kampfszenen inszeniert werden: Auch hier steht Eleganz vor brachialer Gewalt, was als Überschrift des ganzen Filmes passend erscheinen muss.

Hervorzuheben an MASTER Z ist letztlich vor allem die Story, die beeindruckend vielschichtig daherkommt. Einerseits wird Cheung Tin noch immer von Flashbacks heimgesucht, wann immer er sich mit seiner Vergangenheit und der für ihn so fatalen Niederlage gegen Yip Man auseinandersetzt, andererseits überwiegen bei ihm Motive wie Stolz und Ehre, weshalb er in einen mehr oder minder persönlich motivierten Krieg zieht. Im Vergleich zum dritten Teil von "IP Man" ist daher auffällig, dass Cheung Tin wesentlich gesetzter wirkt und mit der Kampfkunst abzuschließen versucht. Gerade auch hieran ist die grandiose Besetzung des Films zu erkennen, die zudem beeindruckend hochkarätig in Erscheinung tritt. Zunächst sei hier auf Michelle Yeoh hingewiesen, die als erstes chinesisches Bondgirl in "der Morgen stirbt nie" (1997), spätestens aber seit "Tiger und Dragon" (2000) an der Seite von Chow Yun-Fat ihre permanenten Spuren im internationalen Filmbusiness hinterließ und auch in MASTER Z einmal mehr eine Rolle voller Eleganz, aber auch Durchsetzungsvermögen übernommen hat. 

Gesondert hervorzuheben sei hier die kurze Auseinandersetzung mit Cheung Tin und einem Glas Whisky, die nicht nur spektakulär, sondern vor allem voller Ästhetik inszeniert wurde. Für diejenigen, die sich mit der Welt der internationalen Martial Arts auskennen, dürfte später auch die kurze Rolle von Tony Jaa (u.a. "Ong-Bak", 2003) in positiver Erinnerung bleiben, die daher ebenso gesondert Erwähnung finden sollte. Dass MASTER Z aber nicht nur mit hochkarätigen asiatischen Schauspielern aufwarten kann, zeigt sich an der Besetzung des Restaurantbesitzers Owen Davidson mit Dave Bautista - für viele bekannt als Drax aus "Guardians Of The Galaxy 1 und 2".

MASTER Z: THE IP MAN LEGACY hinterlässt einen durchweg positiven Eindruck. Der Film schließt nahtlos an die Qualität der "IP Man"-Reihe an und schafft es dennoch, Cheung Tin als einen für sich stehenden Charakter zu etablieren. Seine Figur, die von Zhang Jin gemimt wird, wirkt deutlich vielschichtiger, als zunächst zu vermuten ist, wobei nicht zuletzt auch die Rolle als Vater in den Fokus gerückt wird, sowie das mentale Dilemma, welches sich aus der Niederlage gegen Yip Man zwangsläufig ergeben musste. Was deutlich betont wird, sind Stolz und Ehre, die an passenden Stellen immer wieder hervortreten und zum persönlichen Antrieb des Charakters werden.

Letztlich ist zu konstatieren, dass mit MASTER Z: THE IP MAN LEGACY ein wunderbarer Ableger der Reihe "IP Man" realisiert werden konnte, der nicht nur mit ästhetischen Martial-Arts-Elementen zu spielen weiß, sondern auch eine solide und gut durchdachte Story liefert. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass auch die Geschichte von Yip Man höchstselbst noch nicht beendet ist. Der vierte Teil wird sich nun jedoch konkret mit Mans wohl berühmtestem Schüler Bruce Lee auseinandersetzen, weshalb der Großmeister nun nach dem Tod seiner Frau am Ende des dritten Teils Hongkong in Richtung der USA verlässt. Damit ist dann höchstwahrscheinlich auch das endgültige Ende der Reihe markiert, was hinsichtlich des Erfolges überaus wehmütig erwartet werden darf…

 

ISABELL SCHLOTT

 

Titel: MASTER Z: THE IP MAN LEGACY

Verleih: KSM Cinema

Land/Jahr:  China 2018

FSK & Laufzeit: ab 16, ca. 107 Min.

Kinostart: 09. Mai