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Wirklich nervös war Hanno vor seinem ersten Auftritt nicht, umso mehr Muffensausen hatte er aber vor seinem ersten Gig als Besucher – die Toten Hosen im Jahr 1994. „Das war mein Sargnagel, ab diesem Tag wusste ich, was ich mit meinem Leben machen will, denn es war das lauteste und krasseste, das ich mir nur vorstellen konnte. Mein erstes eigenes Konzert hingegen war auch 1994 im Oktober in unserem Klassenraum... Da gaben die besagten Drecks Pistols ihr erstes Konzert und ich hatte sogar ein selbstbesprühtes T-Shirt an, auf dem 'Punk's Not Dead' stand... dummerweise habe ich das meiner ersten Freundin in der siebten Klasse geschenkt, weil die's echt fetzig fand, wie ich so drauf war. Leider hat sie mich dann verlassen und ich bekam mein Shirt nicht wieder. Die habe ich echt gehasst, richtig scheiße! Jedenfalls war das Konzert selbst kein Problem und ich war kein Stück nervös, weil ich davon ausging, dass wir die absoluten Kings sind, ich ging einfach nur hin und sagte „Ey pass auf, wir haben 'n Gitarrenverstärker und ein Schlagzeug, wir sind hier die Chefs, wir machen jetzt richtig schöne Scheißmusik!“ - und das haben wir gemacht!“

Auch als Hanno seinen ersten Plattenvertrag unterzeichnete, lief es eher anarchistisch und an Anzug oder Krawatte war nicht zu denken – geschweige denn an Papier: „Ich habe nie offiziell einen Plattenvertrag unterschrieben gehabt am Anfang, es lief alles auf Vertrauensbasis. Erst 2014 habe ich dann wirklich mit Svart Records unterzeichnet. Aber auch das hatte keinen klassischen Vertragscharakter, der Typ fragte 'Ey okay, was soll da drin stehen?' und kurz darauf bekam ich eine dreiviertel Seite geschickt in Schriftgröße 14 – aber es war der geilste Vertrag, den man sich vorstellen konnte. Wobei wir mit Nuclear Blast auch echt Glück haben, der Deal fühlt sich sehr alte Schule an! Das Unterzeichnen war aber ebenfalls glanzlos, da wir lange diskutiert haben, bis der Vertrag so aussah, wie wir uns das vorstellten, doch Andy [Siry; Nuclear Blast A&R] war verdammt kompromissbereit, da muss man Nuclear Blast extrem loben! Wir haben ja sicherheitshalber den Deal erst unterschrieben, als „Ode To The Flame“ schon komplett im Kasten und fertig aufgenommen war, um zu vermeiden, dass man uns in unsere Musik reinredet – viele Bands stehen ja schnell unter Zeitdruck wegen einer Deadline und liefern dann ein semifertiges Produkt ab. Aber das war gar kein Problem und eins muss ich sagen, was die Band MANTAR, das Label Nuclear Blast und die Metalszene selbst ehrt: Mein Musikmachen heute fühlt sich nicht anders an, als mein damaliger erster Auftritt im Klassenzimmer – ich bin überzeugt von dem was ich mache und der businessmäßige Kram ist immer noch so fest in meiner Hand, dass es sich nicht anders anfühlt. Ich designe meine eigenen T-Shirts, mache alles so wie ich es machen möchte – und deshalb habe ich wenig Angst beim Musikmachen.“

Auch von Seiten seiner Familie im Laufe der Jugend wurden Hanno erstaunlich wenig Steine in den Weg gelegt, obwohl der Berufswunsch 'Musiker' bis heute nicht gern von Eltern gesehen wird. „Meine Eltern waren relativ machtlos, weil ich eh immer durchgezogen habe, war ich wollte. Nach dem Abi sagte ich nur 'Hey, ich habe meinen Teil des Deals erfüllt! Und jetzt mache ich, was ich will'. Also spielte ich auch nur Musik und schlug mich mit Assijobs irgendwie durch. In Bremen habe ich bei einem Auto- und Bombenhersteller am Fließband gearbeitet, war im Möbelladen, bei der Schädlingsbekämpfung... mit der Musik war ich leider völlig erfolgslos und irgendwann bekam ich eine Vollmeise und bin frustriert aus Bremen geflohen – so kam ich nach Hamburg und habe mich dort ins Musikbusiness gemogelt, mit Praktika, Ausbildung... Ich habe Labels, Vertrieb, Promoagenturen mitgenommen und eigentlich hat es mir gut gefallen. Wirklicher Berufsmusiker bin ich erst seit zwei Jahren. Da hatte man mir bei der Arbeit gesagt, dass ich zu viel toure und mich langsam mal entscheiden müsse. Aber da ich ja auch schon 34 bin, habe ich damals einfach gemerkt, dass ich langsam den Absprung schaffen muss.

Naja, aber Steine in den Weg gelegt hat mir nie jemand aus meiner Familie. Ich habe ja auch lange Zeit meinen Eltern vorgelogen, ich würde studieren und bin morgens mit einer Schulmappe aus dem Haus und habe Bier getrunken oder bin den ganzen Tag spazierengegangen. Das habe ich eine Zeit lang durchgezogen, bis sie dahinterkamen, aber böse waren sie zum Glück nicht. Sie meinten nur irgendwann, dass es Zeit sei, dass ich etwas aus meinem Leben mache. Das habe ich auch eingesehen und bin letztendlich von Zuhause ausgezogen – um allein nichts aus meinem Leben zu machen... Ich bin aber immerhin fünf Mal zur Uni gegangen, bis ich keine Lust mehr hatte. Da traf ich auf dem Weg dorthin meinen Kumpel in der Straßenbahn und er meinte ganz klischeehaft 'Lass und doch Bier trinken gehen, du kannst auch wann anders zur Uni', also ließ ich mich breitschlagen und entschied mich ein weiteres mal gegen die Uni und für das Dosenbier. Aber vielleicht auch besser so. Ansonsten wäre ich jetzt Politikwissenschaftler...“

 

Text: ACS

Foto: www.facebook.com/MantarBand